Interview – Bedeutung von Data Science für Deutschland
Klaas Wilhelm Bollhoefer ist Chief Data Scientist bei The unbelievable Machine Company (*um), einem Full-Service Dienstleister für Cloud Computing und Big Data aus Berlin. Er übersetzt Business-Anforderungen in kundenspezifische Big Data Lösungen und agiert an der Schnittstelle von Business, IT, Künstlicher Intelligenz und Design. Er ist Community Manager diverser Fachgruppen sowie Mitglied in Beiräten und Jurys zahlreicher internationaler Big Data Veranstaltungen. Vor seiner Tätigkeit als Chief Data Scientist hatte Herr Bollhöfer bei Pixelpark den Bereich “Beratung und Konzeption” aus der Taufe gehoben und über mehrere Jahre verantwortet, sowie selbständig als strategischer Berater gearbeitet. Er hat Medientechnik, Visual Communication und Philosophie in Köln und Melbourne studiert, hielt Lehraufträge zu Project Governance & Social Data an der TU Berlin, HTW Berlin, der Uni Siegen und der FH Köln inne und schreibt ab und an für diverse Fachpublikationen.
Data Science Blog: Herr Bollhoefer, welcher Weg hat Sie ins Data Science von The unbelievable Machine (*um) geführt?
Bollhoefer: Das war alles andere als eine gradlinige Geschichte. Ich kannte Ravin Mehta, Gründer und Geschäftsführer von *um noch von der Pixelpark AG, bei der ich von 2000 bis 2009 in verschiedenen Positionen tätig war. Das nächste was Ravin vorhatte, nachdem er in den Cloud-Markt mit *um sehr erfolgreich eingestiegen war, war Big Data. Als ich ihn fragte, was Big Data denn genau sei, meinte er, dass wüsste (damals) noch niemand so genau!
Das war vor etwa vier Jahren und es war die Chance für mich, in dieses neue Thema einzusteigen und zudem eine tolle Gelegenheit – denn eigentlich bin ich ja Ingenieur – für mich, Mathematik wieder aufzufrischen. Ich war der erste Mitarbeiter für Data Science bei *um, habe das Dienstleistungsportfolio maßgeblich mitaufgebaut und konnte mich daher als Chief Data Scientist positionieren. Ich bin allerdings kein Spezialist, sondern Generalist über alles, was man dem Data Science so zuschreiben kann.
Data Science Blog: Welche Branchen profitieren durch Big Data und Data Science gegenwärtig und in naher Zukunft am meisten?
Bollhoefer: Branchen, die schon seit längerer Zeit direkt von Big Data und Data Science profitieren, sind die sogenannten Digital Pure Player, also vorwiegend junge Unternehmen, deren Geschäftsmodelle rein auf digitaler Kommunikation aufbauen sowie eCommerce-Unternehmen. Unter den Fachbereichen profitieren vor allem das Marketing und unter den Geschäftsmodellen ganz besonders das Advertising von Big Data Analytics. Der Begriff Customer Analytics ist längst etabliert.
Zu den Newcomern gehören die Branchen, auf die Deutschland besonders stolz ist: Sowohl die OEMs, als auch die größeren Zulieferer der Automobilbranche setzen mittlerweile vermehrt auf Big Data Analytics, wobei das Supply Chain Management mit Blick auf Logistik und Warenwirtschaft aktuell ganz klar im Vordergrund steht. Es ist hier für uns bereits viel Bewegung spürbar, aber noch lange nicht das Maximum ausgeschöpft. Zumindest ist für viele dieser Unternehmen der Einstieg gefunden.
Auch aus der klassischen Produktion entsteht im Kontext von Industrie 4.0 gerade Nachfrage nach Data Science, wenn auch etwas langsamer als erhofft. Die Potenziale durch die Vernetzung von Produktionsmaschinen sind noch nicht annähernd ausgeschöpft.
Branchen, die meiner Erfahrung nach noch nicht genügend aktiv geworden sind, sind die Chemie- und Pharma-Industrie. Auch Banken und Versicherungen, die ja nicht mit realen Werten, sondern nur mit Daten arbeiten, stehen – abgesehen von einigen Ausnahmen – überraschenderweise noch nicht in den Startlöchern, trotz großer Potenziale.
Sehr schönes Interview. Vielen Dank dafür.
Der einzige Punkt, der mich etwas wundert:
Warum soll man die Data Science Karriere unbedingt innerhalb der nächsten 3 Jahre beginnen, bzw. warum ist die Nachfrage nach Data Scientists nicht sicher? Das ist natürlich eine persönliche Meinung von Herrn Bollhoefer, aber mir ist der Grund nicht ganz klar.
– Hype?
– Zu schneller Wandel des Berufsfelds?
– Per se nicht genug Jobs in diesem Umfeld?
Hallo Herr Richter,
ich erlaube mir mal an Stelle von Herrn Bollhoefer zu antworten: Es passiert im Data Science gerade unüberschaubar viel und oft ist es am besten, wenn man in dieser Boomphase mit dabei ist und die Entwicklung der Big Data Tools miterlebt.
In einigen Jahren wird auch dieses Berufsbild sicherlich seine festgefahrenen Methoden und Tools haben…
Grüße
Benjamin
Hallo Herr Aunkofer,
vielen Dank für Ihre Antwort. Ja, dass es gut ist von Anfang an dabei zu sein ist ein nachvollziehbarer Gedanke.
Ich glaube allerdings nicht, dass sich das Berufsbild innerhalb der nächsten 3 Jahre bereits sehr verfestigt. Ich denke eher, dass sich das Berufsbild in den nächsten Jahrzehnten immer wieder neu erfinden werden muss, da die Entwicklungen in diesem Bereich doch sehr rasant sind. Wir werden ja sehen 😉
Aus meiner eigenen Lehrerfahrung kann ich nur sagen, dass ein Bachelor-Absolvent als Data Scientist absolut ungeeignet ist. Um die Methoden wirklich zu verstehen ist mindestens ein Master-Abschluss nötig.
Natürlich kann man “on-the-fly” lernen, ich bezweifle allerdings, dass ein Bachelor wirklich einen Data Scientist Job bekommt, sondern eher nur als Programmierer eingestellt wird. Oftmals kann das dann auch eine Karriere-Sackgasse sein.
Das mit den Meetups ist ein sehr guter Tipp. Für alle aus Wien und Umgebung kann ich das Vienna Data Science Meetup empfehlen!
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