Tag Archive for: Interview

Interview Benjamin Aunkofer - Datenstrategien und Data Teams entwickeln!

Interview – Datenstrategie und Data Teams entwickeln!

Das Format Business Talk am Kudamm in Berlin führte ein drittes Interview mit Benjamin Aunkofer zum Thema “Datenstrategie und Data Team Organisation”.

In dem Interview erklärt Benjamin Aunkofer, was Unternehmen Datenstrategien entwickeln, um Ihren Herausforderungen gerecht zu werden. Außerdem gibt er Tipps, wie Unternehmen ein fähiges Data Team aufbauen, qualifizieren und halten.

Nachfolgend das Interview auf Youtube sowie die schriftliche Form zum Nachlesen:


Interview – Datenstrategien und Aufbau von Data Teams

  1. Herr Aunkofer, Sie unterstützen Unternehmen u.a. bei der Entwicklung von Datenstrategien und dem Aufbau von Data Teams. Was genau ist denn eine Datenstrategie?Eine Datenstrategie ist eine Strategie über die Nutzung von Daten zur Geschäftsoptimierung. Man kann auch sagen: Eine Datenstrategie ist ein Business Plan darüber, wie Daten richtig im Unternehmen genutzt werden sollen.Abgesehen vom Aufbau neuer eigener Geschäftsmodelle mit Daten, können grundsätzlich drei Faktoren im Unternehmen mit der Nutzung von Daten optimiert werden.1. Umsätze, also die Erhöhung der Umsätze durch bessere Produkte oder durch besseres Verständnis der Kunden
    2. Die Reduktion von Kosten und
    3. die verbesserte Risikoerkennung und -bewertung, z. B. in der Wirtschaftsprüfung.Eine Datenstrategie ist abgerichtet auf die Unternehmensziele und ist der Masterplan dafür, diese auch zu erreichen.
  2. Und was sind die typischen Ziele mit denen Kunden an Sie herantreten?Das hängt stark von der Branche ab, also Handelsunternehmen wollen vor allem die Kunden besser verstehen, Marketing besser ausrichten oder auch Produkte verbessern. Immobilienunternehmen wollen stets DIE Markttransparenz für sich und industrielle Unternehmen, also Maschinenbau, Zulieferer, Pharma usw. wollen meistens intelligente Produkte, oder mehr noch, schlanke Prozesse zur Kosteneinsparung, aber auch, um mehr Umsatz zu machen, denn Schnelligkeit heißt Wettbewerbsfähigkeit.Am Ende ist das aber auch alles sehr individuell von Unternehmen zu Unternehmen.
  3. Die Entwicklung einer Datenstrategie erfordert sicherlich ein systematisches Vorgehen. Was sind die wichtigsten Schritte?Ja genau, wir haben da eine generelle Vorgehensweise. Verkürzt erläutert, in fünf Schritten, wollen wir zu Anfang erstmal die Unternehmensvision für die nächste Zeit wissen und diese, wenn nicht schon gegeben, in klare Unternehmensziele herunter gebrochen haben. Das ist der erste und wichtigste Schritt.Weil, wenn wir das haben, dann können wir die dafür relevanten Daten und Datenquellen identifizieren. Das sind vielleicht unternehmensinterne Daten aus den IT-Systemen, ERP, CRM usw. und manchmal auch noch Daten aus unternehmensexternen Quellen, z. B. aus dem Social Media, Marktplattformen, Open Data usw. In manchen Fällen dreht sich auch alles nur um interne oder nur um externe Daten. Auch prüfen wir natürlich, ob Daten erst noch generiert oder gesammelt werden müssen und wie es um den rechtlichen Rahmen bzgl. der Nutzung steht. Das war der zweite Schritt.Wenn die relevanten Datenquellen identifiziert sind, sind im dritten Schritt die richtigen Methoden der Datennutzung auszumachen, z. B. der Aufbau einer Datenplattform, vielleicht ein Data Warehouse zur Datenkonsolidierung, Process Mining zur Prozessanalyse oder Predictive Analytics für den Aufbau eines bestimmten Vorhersagesystems, KI zur Anomalieerkennung oder je nach Ziel etwas ganz anderes.Der vierte Schritt ist die Überlegung, wie das ganze organisatorisch gelöst werden soll, also z. B. über eine zentrale verantwortliche Stelle im Unternehmen oder dezentral in bestimmten Fachabteilungen? Stehen die dafür richtigen Mitarbeiter zur Verfügung? Müssen Qualifizierungsmaßnahmen getroffen werden? Im Grunde kennt das wohl jeder, dass Unternehmen einfach z. B. ein Tool eingeführt haben, dass dann aber nicht genutzt wird. Dies müssen wir zu verwenden wissen.Tja und wenn das auch erledigt ist, muss das alles nur nochmal aufgeschrieben und in eine Planung mit Meilensteinen gebracht werden. Budgets, Staffing, Make or Buy usw. kommt da alles rein. Und voila, dann haben wir unsere Datenstrategie.
  4. Unterstützen Sie auch bei der Umsetzung der Datenstrategien?Ja klar, schon viel gemacht, sogar in verschiedensten Branchen. Diese Arbeit macht sogar großen Spaß für alle Beteiligten und es gibt nichts Spannenderes, als diesen Plan in die Zukunft zu gestalten.
  5. Sie arbeiten nicht nur als externer Dienstleister, sondern bietet auch Hilfestellung beim Aufbau und der Ausbildung eigener Data Teams. Welche Weiterbildungsformate bieten Sie an?Also wenn es hier einen Fachkräftemangel gibt, dann definitiv bei den Datenexperten. Übrigens nicht mehr so stark bei den Data Scientists, auch wenn richtig gute Mitarbeiter ebenfalls rar gesät sind, den größten Bedarf haben Unternehmen eher bei den Data Engineers. Das sind die Kollegen, die die Data Warehouses oder Data Lakes aufbauen und pflegen.Es gibt aber viele junge Leute, die da gerne einsteigen wollen. Das Problem auf der anderen Seite ist jedoch, dass Unternehmen natürlich eher erfahrene Leute suchen, die schneller und besser mit den großen Praxisproblemen klarkommen, die in den Datenarchitekturen sich nun mal so einschleichen. Diese erfahrenen Experten sind aber schwer zu finden und Stellen daher meistens sehr lange unbesetzt, oder dann mit Mitarbeitern, die kein Deutsch sprechen können.Wo wir von DATANOMIQ helfen können: Durch uns als Coach können Unternehmen auf ihrer Suche dem DEM Superexperten auch einfach günstigere, unerfahrene, aber motivierte Leute einstellen. Motivation der Mitarbeiter ist nicht zu unterschätzen! Als externer Dienstleister können wir dann unterstützen und schulen zu gleich. Und das machen wir über drei verschiedene Stufen:Trainings, Workshops und Coachings.Beim Training arbeiten wir mit Didaktik. Die Daten sind einfach gehalten und beispielhaft, denn wir möchten nicht zu lange über sie reden, sondern über die richtige Methodik der Datenaufbereitung oder Datenanalyse.Beim Workshop behandeln wir das reale Problem mit den echten Daten, mit denen der Mitarbeiter im Unternehmen konfrontiert ist. Hier schauen wir erstmal gemeinsam blöd aus der Wäsche, aber erarbeiten uns dann gemeinsam zügig die Lösung.

    Und beim Coaching schauen wir dann eigentlich nur zu und geben Ratschläge, wie man besser an die Aufgabenstellung herangehen könnte. Der Mitarbeiter hat also selbst das Zepter in der Hand und das Doing.Wir sind dann nur der Support.

    So können wir Stellen schnell besetzen und niemand muss Sorge haben, dass die Kompetenz nicht ausreicht. Auf diese Weise habe ich schon mehrere Data Teams für Kunden aufgebaut und parallel natürlich auch mein eigenes.

 

Sehen Sie die zwei anderen Video-Interviews von Benjamin Aunkofer:

 

 

 

 

 

 


 

Interview – Mehr Business-Nerds, bitte!

Die Haufe Akademie im Gespräch mit Prof. Dr. Stephan Matzka, Hochschulprofessor an der HTW Berlin und Trainer der Haufe Akademie darüber, wie Data Science und KI verdaulich vermittelt werden können und was eigentlich passiert, wenn man es nicht tut.

Sie beschäftigen sich mit Data Science, Algorithmen und Machine Learning – Hand aufs Herz: Sind Sie ein Nerd, Herr Prof. Matzka?   

Stephan Matzka: (lacht) Ich bin ein neugieriger Mensch und möchte gerne mehr über die Menschen und Dinge erfahren, die mich umgeben. Dafür benötige ich Informationen, die ich einordnen und bewerten kann und nichts anderes macht Data Science. Wenn Neugier also einen Nerd ausmacht, bin ich gerne ein Nerd.

Aber all die Buzzwords, die Sie gerade genannt haben, wie Machine Learning oder Algorithmen, blenden mehr als sie helfen. Ich spreche lieber von menschlicher und künstlicher Intelligenz. Deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede sind gut zu erklären und dieses Verständnis ist der Schlüssel für alles Weitere.

Ist das Verständnis für Data Science und Machine Learning auch der Schlüssel für den Zukunftserfolg von Unternehmen oder wird die Businessrelevanz von Data Science überschätzt?

Stephan Matzka: Zunächst mal ist Machine Learning größtenteils einfach Statistik, die sehr clever angewandt wird. Damit wir Benutzer:innen nicht wie in der Schule mit der Hand rechnen müssen, gibt es Algorithmen, die uns die Arbeit abnehmen. Die Theorie ist also altbekannt. Aber die technischen Möglichkeiten haben sich geändert.

Sie können das mit Strom vergleichen, den gibt es schon länger. Aber erst mit einem Elektromotor können Sie Power auf die Straße bringen. Daten sind also altbekannte Rohstoffe, die Algorithmen und Rechenleistung von heute aber ein völlig neuer Motor.

Wenn Sie sehen, wie radikal die Dampfmaschine und der Elektromotor die Wirtschaft beeinflusst haben, dann gewinnen Sie einen Eindruck, was gerade im Bereich künstliche Intelligenz abgeht, und das über alle Unternehmensgrößen und Branchen hinweg.

So eine Dampfmaschine ist für viele wahrscheinlich deutlich einfacher zu greifen als das tech-lastige Universum Data Science. Das ist schon sehr abstrakt. Ist es so schwierig, wie es aussieht?

Stephan Matzka: Data Science kann man, wie alle Dinge im Leben, kompliziert oder einfach machen. Und es gibt auch auf diesem Feld Menschen, die Schwieriges einfach aussehen lassen. Das sind die Vorbilder, von denen wir alle lernen können.

Künstliche Intelligenz, oder kurz KI, bietet Menschen und Unternehmen große Chancen, wenn Sie sich rechtzeitig damit beschäftigen. Dabei geht es um nicht weniger als die Frage, ob wir in unserer Arbeitswelt zukünftig KI für uns arbeiten lassen oder abwarten, bis uns ein Algorithmus vorgibt, was wir als Nächstes tun sollen. Mit der richtigen Unterstützung ist der Aufwand jedoch überschaubar und der Nutzen für Unternehmen und Organisationen enorm.

Viele Mitarbeiter:innen hören nach „Wir sind jetzt agil“ neuerdings „Mach‘ mal KI“ – was raten Sie den Kolleg:innen und Entscheider:innen in mittelständischen Unternehmen für den Umgang mit dem Thema?

Stephan Matzka: Es braucht zum einen Impulse „von außen“, um sich mit diesem wichtigen Thema auseinanderzusetzen und einen Start zu finden. Und zum anderen braucht es Mitarbeiter:innen, die datenaffin sind, sich mit dem Thema bereits auseinandergesetzt haben und Use Cases entwickeln sowie hinterfragen können. Meine Berufserfahrung zeigt: Gerade am Anfang ist es noch sehr leicht, bei den klassischen „Low Hanging Fruits“ Erfolge zu erzielen. Das motiviert für das nächste Projekt und schon ist das Momentum im Unternehmen.

Was sind die Minimalanforderungen in einem Unternehmen, um mit Data Science und Machine Learning einen echten Mehrwert zu schaffen und die „Low Hanging Fruits“ zu ernten?  

Stephan Matzka: Der Rohstoff sind Daten in digitaler Form, ob in Excel-Listen, in SAP oder einer Datenbank ist erst mal zweitrangig. Für die Auswertung brauchen Sie passende Software und Menschen, die diese Software bedienen können.

In jedem Unternehmen gibt es solche Daten, die Software ist häufig kostenlos, der eigentliche Engpass sind aktuell die Expert:innen.

Könnte ich mir nicht die Arbeit sparen und Beratungsunternehmen einsetzen?

Stephan Matzka: Das könnten Sie, und Beratungsunternehmen können Ihnen oft auch die richtigen Themen aufzeigen. Gleichzeitig wirft dies zwei wesentliche Fragen auf: Wie können Sie die Qualität und den Preis einer Lösung beurteilen, die Ihnen ein externer Dienstleister anbietet? Und zweitens, wie verankern Sie nachhaltig das Wissen in Ihrem Unternehmen?

Damit die Beratungsleistung Ihnen also wirklich weiterhilft, benötigen Sie Beurteilungskompetenz auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz im eigenen Unternehmen. Diese Beurteilungskompetenz im Businesskontext zu schaffen ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen und sollte eher kurz- als mittelfristig angegangen werden.

Haufe Akademie: Nochmal zurück zu den Daten: Woher weiß ich, ob ich genug Daten habe? Sonst bilde ich jemanden aus oder stelle jemanden ein, der mich Geld kostet, aber nichts zu tun hat.

Stephan Matzka: Mit den Daten ist es ein wenig so wie mit den Finanzen, kann ich jemals „genug Budget“ im Unternehmen haben? Natürlich ist es mit großen Datenmengen leichter möglich, bessere Resultate zu erzielen, genauso wie mit mehr Projektbudget. Aber wir alle haben schon erlebt, wie kleine Projekte Erstaunliches bewegt haben und Großprojekte spektakulär gescheitert sind.

Genau wie Budgets sind Daten meist in dem Umfang vorhanden, in dem sie eben verfügbar sind. Die vorhandenen Daten klug zu nutzen: Das ist das Ziel.

Ein Beispiel aus der Praxis: Es gibt sehr große Firmen mit riesigen Datenmengen, die mir, nachdem ich bei ihnen einen Drucker gekauft habe, weiter Werbung für andere Drucker zeigen anstatt Werbung für passende Toner. So eine KI würde mir kein mittelständisches Unternehmen abnehmen.

Gleichzeitig werden Sie sich wundern, welches Wissen oft schon in einfachen Excel-Tabellen schlummert. Wissen Sie zum Beispiel, was Ihnen der höchste Umsatz eines Kunden in den letzten zwölf Monaten und die Zeitabstände der letzten drei Bestellungen schon jetzt über die nächste Bestellung verraten?

In meinen Recherchen zum Thema bin ich oft an hohen Einstiegshürden gescheitert. Trotzdem habe ich gespürt, dass das Thema wichtig ist. Das war mitunter frustrierend. Welche Fragen sollte ich mir als Mitarbeiter:in stellen, wenn ich mich für Data Science interessiere, aber keine Vorkenntnisse habe?

Stephan Matzka: Das Wichtigste ist erstmal, sich nicht abschrecken zu lassen. 80% der Themen lassen sich zum Beispiel komplett ohne Mathematik erklären. Nochmal 15% sind Stoff der Sekundarstufe, bleiben noch 5% übrig. Die haben es tatsächlich in sich und dann können Sie sich immer noch entscheiden: Finde ich das Thema so spannend (und habe ich die Zeit), dass ich mich auch da noch reinarbeite. Oder reichen mir die 95% Verständnis für die zuverlässige Lösung meiner Business-Fragestellungen aus. Viel entscheidender ist für mich, sich dem Thema mutig anzunehmen, die ersten Erfolge zu feiern und mit diesem Rückenwind die nächsten Schritte zu tun.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Prof. Matzka!

Interview: Data Science in der Finanzbranche

Interview mit Torsten Nahm von der DKB (Deutsche Kreditbank AG) über Data Science in der Finanzbranche

Torsten Nahm ist Head of Data Science bei der DKB (Deutsche Kreditbank AG) in Berlin. Er hat Mathematik in Bonn mit einem Schwerpunkt auf Statistik und numerischen Methoden studiert. Er war zuvor u.a. als Berater bei KPMG und OliverWyman tätig sowie bei dem FinTech Funding Circle, wo er das Risikomanagement für die kontinentaleuropäischen Märkte geleitet hat.

Hallo Torsten, wie bist du zu deinem aktuellen Job bei der DKB gekommen?

Die Themen Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen haben mich schon immer fasziniert. Den Begriff „Data Science“ gibt es ja noch gar nicht so lange. In meinem Studium hieß das „statistisches Lernen“, aber im Grunde ging es um das gleiche Thema: dass ein Algorithmus Muster in den Daten erkennt und dann selbstständig Entscheidungen treffen kann.

Im Rahmen meiner Tätigkeit als Berater für verschiedene Unternehmen und Banken ist mir klargeworden, an wie vielen Stellen man mit smarten Algorithmen ansetzen kann, um Prozesse und Produkte zu verbessern, Risiken zu reduzieren und das Kundenerlebnis zu verbessern. Als die DKB jemanden gesucht hat, um dort den Bereich Data Science weiterzuentwickeln, fand ich das eine äußerst spannende Gelegenheit. Die DKB bietet mit über 4 Millionen Kunden und einem auf Nachhaltigkeit fokussierten Geschäftsmodell m.E. ideale Möglichkeiten für anspruchsvolle aber auch verantwortungsvolle Data Science.

Du hast viel Erfahrung in Data Science und im Risk Management sowohl in der Banken- als auch in der Versicherungsbranche. Welche Rolle siehst du für Big Data Analytics in der Finanz- und Versicherungsbranche?

Banken und Versicherungen waren mit die ersten Branchen, die im großen Stil Computer eingesetzt haben. Das ist einfach ein unglaublich datengetriebenes Geschäft. Entsprechend haben komplexe Analysemethoden und auch Big Data von Anfang an eine große Rolle gespielt – und die Bedeutung nimmt immer weiter zu. Technologie hilft aber vor allem dabei Prozesse und Produkte für die Kundinnen und Kunden zu vereinfachen und Banking als ein intuitives, smartes Erlebnis zu gestalten – Stichwort „Die Bank in der Hosentasche“. Hier setzen wir auf einen starken Kundenfokus und wollen die kommenden Jahre als Bank deutlich wachsen.

Kommen die Bestrebungen hin zur Digitalisierung und Nutzung von Big Data gerade eher von oben aus dem Vorstand oder aus der Unternehmensmitte, also aus den Fachbereichen, heraus?

Das ergänzt sich idealerweise. Unser Vorstand hat sich einer starken Wachstumsstrategie verschrieben, die auf Automatisierung und datengetriebenen Prozessen beruht. Gleichzeitig sind wir in Dialog mit vielen Bereichen der Bank, die uns fragen, wie sie ihre Produkte und Prozesse intelligenter und persönlicher gestalten können.

Was ist organisatorische Best Practice? Finden die Analysen nur in deiner Abteilung statt oder auch in den Fachbereichen?

Ich bin ein starker Verfechter eines „Hub-and-Spoke“-Modells, d.h. eines starken zentralen Bereichs zusammen mit dezentralen Data-Science-Teams in den einzelnen Fachbereichen. Wir als zentraler Bereich erschließen dabei neue Technologien (wie z.B. die Cloud-Nutzung oder NLP-Modelle) und arbeiten dabei eng mit den dezentralen Teams zusammen. Diese wiederum haben den Vorteil, dass sie direkt an den jeweiligen Kollegen, Daten und Anwendern dran sind.

Wie kann man sich die Arbeit bei euch in den Projekten vorstellen? Was für Profile – neben dem Data Scientist – sind beteiligt?

Inzwischen hat im Bereich der Data Science eine deutliche Spezialisierung stattgefunden. Wir unterscheiden grob zwischen Machine Learning Scientists, Data Engineers und Data Analysts. Die ML Scientists bauen die eigentlichen Modelle, die Date Engineers führen die Daten zusammen und bereiten diese auf und die Data Analysts untersuchen z.B. Trends, Auffälligkeiten oder gehen Fehlern in den Modellen auf den Grund. Dazu kommen noch unsere DevOps Engineers, die die Modelle in die Produktion überführen und dort betreuen. Und natürlich haben wir in jedem Projekt noch die fachlichen Stakeholder, die mit uns die Projektziele festlegen und von fachlicher Seite unterstützen.

Und zur technischen Organisation, setzt ihr auf On-Premise oder auf Cloud-Lösungen?

Unsere komplette Data-Science-Arbeitsumgebung liegt in der Cloud. Das vereinfacht die gemeinsame Arbeit enorm, da wir auch sehr große Datenmengen z.B. direkt über S3 gemeinsam bearbeiten können. Und natürlich profitieren wir auch von der großen Flexibilität der Cloud. Wir müssen also z.B. kein Spark-Cluster oder leistungsfähige Multi-GPU-Instanzen on premise vorhalten, sondern nutzen und zahlen sie nur, wenn wir sie brauchen.

Gibt es Stand heute bereits Big Data Projekte, die die Prototypenphase hinter sich gelassen haben und nun produktiv umgesetzt werden?

Ja, wir haben bereits mehrere Produkte, die die Proof-of-Concept-Phase erfolgreich hinter sich gelassen haben und nun in die Produktion umgesetzt werden. U.a. geht es dabei um die Automatisierung von Backend-Prozessen auf Basis einer automatischen Dokumentenerfassung und -interpretation, die Erkennung von Kundenanliegen und die Vorhersage von Prozesszeiten.

In wie weit werden unstrukturierte Daten in die Analysen einbezogen?

Das hängt ganz vom jeweiligen Produkt ab. Tatsächlich spielen in den meisten unserer Projekte unstrukturierte Daten eine große Rolle. Das macht die Themen natürlich anspruchsvoll aber auch besonders spannend. Hier ist dann oft Deep Learning die Methode der Wahl.

Wie stark setzt ihr auf externe Vendors? Und wie viel baut ihr selbst?

Wenn wir ein neues Projekt starten, schauen wir uns immer an, was für Lösungen dafür schon existieren. Bei vielen Themen gibt es gute etablierte Lösungen und Standardtechnologien – man muss nur an OCR denken. Kommerzielle Tools haben wir aber im Ergebnis noch fast gar nicht eingesetzt. In vielen Bereichen ist das Open-Source-Ökosystem am weitesten fortgeschritten. Gerade bei NLP zum Beispiel entwickelt sich der Forschungsstand rasend. Die besten Modelle werden dann von Facebook, Google etc. kostenlos veröffentlicht (z.B. BERT und Konsorten), und die Vendors von kommerziellen Lösungen sind da Jahre hinter dem Stand der Technik.

Letzte Frage: Wie hat sich die Coronakrise auf deine Tätigkeit ausgewirkt?

In der täglichen Arbeit eigentlich fast gar nicht. Alle unsere Daten sind ja per Voraussetzung digital verfügbar und unsere Cloudumgebung genauso gut aus dem Home-Office nutzbar. Aber das Brainstorming, gerade bei komplexen Fragestellungen des Feature Engineering und Modellarchitekturen, finde ich per Videocall dann doch deutlich zäher als vor Ort am Whiteboard. Insofern sind wir froh, dass wir uns inzwischen auch wieder selektiv in unseren Büros treffen können. Insgesamt hat die DKB aber schon vor Corona auf unternehmensweites Flexwork gesetzt und bietet dadurch per se flexible Arbeitsumgebungen über die IT-Bereiche hinaus.

Interview – Machine Learning in Marketing und CRM

Interview mit Herrn Laurenz Wuttke von der datasolut GmbH über Machine Learning in Marketing und CRM.

Laurenz Wuttke ist Data Scientist und Gründer der datasolut GmbH. Er studierte Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Hannover und befasst sich bereits seit 2011 mit Marketing- bzw. CRM-Systemen und der Datenanalyse. Heute ist er Dozent für Big Data im Marketing an der Hochschule Düsseldorf und unterstützt Unternehmen dabei, durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz, individuell auf die Kundenbedürfnisse tausender Kunden einzugehen. Damit jeder Marketing Manager jedem Kunden das richtige Angebot zur richtigen Zeit machen kann.

Data Science Blog: Herr Wuttke, Marketing gilt als einer der Pionier-Bereiche der Unternehmen für den Einstieg in Big Data Analytics. Wie etabliert ist Big Data und Data Science heute im Marketing?  

Viele Unternehmen in Deutschland erkennen gerade Chancen und den Wert ihrer Daten. Dadurch investieren die Unternehmen in Big Data Infrastruktur und Data Science Teams.

Gleichzeitig denke ich, wir stehen im Marketing gerade am Anfang einer neuen Daten-Ära. Big Data und Data Science sind im Moment noch ein Thema der großen Konzerne. Viele kleine und mittelständische Unternehmen haben noch viele offene Potentiale in Bezug auf intelligente Kundenanalysen.

Durch stetig steigende Preise für die Kundenakquise, wird die Erhaltung und Steigerung einer guten Kundenbindung immer wichtiger. Und genau hier sehe ich die Vorteile durch Data Science im Marketing. Unternehmen können viel genauer auf Kundenbedürfnisse eingehen, antizipieren welches Produkt als nächstes gekauft wird und so ihr Marketing zielgenau ausrichten. Dieses „personalisierte Marketing“ führt zu einer deutlich stärkeren Kundenbindung und steigert langfristig Umsätze.

Viele amerikanische Unternehmen machen es vor, aber auch deutsche Unternehmen wie Zalando oder AboutYou investieren viel Geld in die Personalisierung ihres Marketings. Ich denke, die Erfolge sprechen für sich.

Data Science Blog: Ein häufiges Anliegen für viele Marketing Manager ist die treffsichere Kundensegmentierung nach vielerlei Kriterien. Welche Verbesserungen sind hier möglich und wie können Unternehmen diese erreichen?

Kundensegmentierungen sind ein wichtiger Bestandteil vieler Marketingstrategien. Allerdings kann man hier deutlich weitergehen und Marketing im Sinne von „Segments of One“ betreiben. Das bedeutet wir haben für jeden einzelnen Kunden eine individuelle „Next Best Action und Next Best Offer“.

Somit wird jeder Kunde aus Sicht des Marketings individuell betrachtet und bekommt individuelle Produktempfehlungen sowie Marketingmaßnahmen, welche auf das jeweilige Kundenbedürfnis zugeschnitten sind.

Dies ist auch ein wichtiger Schritt für die Marketingautomatisierung, denn wir können im Marketing schlichtweg keine tausenden von Kunden persönlich betreuen.

Data Science Blog: Sind die Kundencluster dann erkannt, stellt sich die Frage, wie diese besser angesprochen werden können. Wie funktioniert die dafür notwendige Kundenanalyse?

Ganz unterschiedlich, je nach Geschäftsmodell und Branche fällt die Kundenanalyse anders aus. Wir schauen uns unterschiedliche Merkmale zum historischen Kaufverhalten, Demografie und Produktnutzung an. Daraus ergeben sich in der Regel sehr schnell Kundenprofile oder Personas, die gezielt angesprochen werden können.

Data Science Blog: Oft werden derartige Analyse-Vorhaben auf Grund der Befürchtung, die relevanten Daten seien nicht verfügbar oder die Datenqualität sei einer solchen Analyse nicht würdig, gar nicht erst gestartet. Sind das begründete Bedenken?

Nein, denn oft kommen die Daten, die für eine Kundenanalyse oder die Vorhersage von Ergebnissen braucht, aus Datenquellen wie z.B. den Transaktionsdaten. Diese Daten hat jedes Unternehmen in guter Qualität vorliegen.

Natürlich werden die Analysen besser, wenn weitere Datenquellen wie bspw. Produktmetadaten, Kundeneigenschaften oder das Klickverhalten zur Verfügung stehen, aber es ist kein Muss.

Aus meiner Praxiserfahrung kann ich sagen, dass hier oft ungenutzte Potentiale schlummern.

Data Science Blog: Wie ist da eigentlich Ihre Erfahrung bzgl. der Interaktion zwischen Marketing und Business Intelligence? Sollten Marketing Manager ihre eigenen Datenexperten haben oder ist es besser, diese Ressourcen zentral in einer BI-Abteilung zu konzentrieren?

Aus meiner Sicht funktioniert moderenes Marketing heute nicht mehr ohne valide Datenbasis. Aus diesem Grund ist die Zusammenarbeit von Marketing und Business Intelligence unersetzbar, besonders wenn es um Bestandskundenmarketing geht. Hier laufen idealerweise alle Datenquellen in einer 360 Grad Kundensicht zusammen.

Dies kann dann auch als die Datenquelle für Machine Learning und Data Science verwendet werden. Alle wichtigen Daten können aus einer strukturierten 360 Grad Sicht zu einer Machine Learning Datenbasis (ML-Feature Store) umgewandelt werden. Das spart enorm viel Zeit und viel Geld.

Zu Ihrer zweiten Frage: Ich denke es gibt Argumente für beide Konstrukte, daher habe ich da keine klare Präferenz. Mir ist immer wichtig, dass der fachliche Austausch zwischen Technik und Fachbereich gut funktioniert. Ziele müssen besprochen und gegeben falls angepasst werden, um immer in die richtige Richtung zu gehen. Wenn diese Voraussetzung mit einer guten Data Science Infrastruktur gegeben ist, wird Data Science für wirklich skalierbar.

Data Science Blog: Benötigen Unternehmen dafür eine Customer Data Platform (CDP) oder zumindest ein CRM? Womit sollten Unternehmen beginnen, sollten sie noch ganz am Anfang stehen?

Eine Customer Data Platform (CDP) ist von Vorteil, ist aber kein Muss für den Anfang. Ein guts CRM-System oder gute gepflegte Kundendatenbank reicht zunächst für den Anfang.

Natürlich bietet eine CDP einen entscheidenden Vorteil durch die Zusammenführung von der Online- und der CRM-Welt. Das Klickverhalten hat einen enormen Einfluss auf die analytischen Modelle und hilft dabei, Kunden immer besser zu verstehen. Das ist besonders wichtig in unserer Zeit, da wir immer weniger direkten Kundenkontakt haben und zukünftig wird dieser auch noch weiter abnehmen.

Zusammengefasst: Wer diese Kundendaten intelligent miteinander verknüpft hat einen großen Vorteil.

Data Science Blog: Wie integrieren Sie App- und Webtracking in Ihre Analysen?

Trackingdaten aus Apps und Webseiten sind ein wichtiger Bestandteil unserer Machine Learning Modelle. Sie geben wichtige Informationen über das Kundenverhalten preis. So können die Trackingdaten gute Merkmale für Anwendungsfälle wie Churn Prediction, Customer Lifetime Value und Next Best Offer sein.

Häufig sind die Trackingdaten von unterschiedlichen Anbietern (Google Analytics, Piwik etc.) leicht anders in ihrer Struktur, dafür haben wir uns einen intelligenten Ansatz überlegt, um diese zu vereinheitlichen und in unseren Modellen anzuwenden.

Data Science Blog: Zurück zum Kunden. Seine Bedürfnisse stehen bei erfolgreichen Unternehmen im Fokus stehen. Einige Geschäftsmodelle basieren auf Abonnements oder Mitgliedschaften. Wie können Sie solchen Unternehmen helfen?

Abonnements und Subscriptions sind ein großer Trend: Der Kunde wird zum Nutzer und es fallen viele Kundendaten an, die gesammelt werden können. Viele unserer Kunden haben subscription- oder vertragsbasierte Geschäftsmodelle, was ich persönlich sehr interessante Geschäftsmodelle finde.

Diese haben häufig die Herausforderung ihre Kunden langfristig zu binden und eine gesunde Kundenbindung aufzubauen. Die Akquisition ist meistens sehr teuer und die Kundenabwanderung oder Customer Churn zu reduzieren damit ein strategisches Ziel. Wirklich erfolgreich werden diese dann, wenn die Churn Rate geringgehalten wird.

Die Lösung für eine niedrige Kundenabwanderung, neben einem guten Produkt und gutem Kundenservice, ist eine Churn Prediction und darauf aufbauende Churn Prevention Maßnahmen. Wir nehmen uns dazu das historische Kundenverhalten, schauen uns die Kündiger an und modellieren daraus eine Vorhersage für die Kundenabwanderung. So können Unternehmen abwanderungsgefährdete Kunden schon frühzeitig erkennen und entsprechend handeln. Das hat den entscheidenden Vorteil, dass man nicht einen schon verlorenen Kunden erneut gewinnen muss.

Es gibt aber auch Möglichkeiten schon weit vor der eigentlichen Churn-Gefahr anzusetzen, bei drohender Inaktivität. So haben wir für einen großen Fitness-App-Anbieter ein Alarmsystem entwickelt, das Kunden automatisiert Engagement-Kampagnen versendet, um bei drohender Inaktivität, den Kunden auf die Angebote aufmerksam zu machen. Sie kennen das von der Netflix-App, welche Ihnen jeden Abend einen guten Tipp für das Fernsehprogramm bereitstellt.

Data Science Blog: Gehen wir mal eine Ebene höher. So mancher CMO hat mit dem CFO den Deal, jährlich nur einen bestimmten Betrag ins Marketing zu stecken. Wie hilft Data Science bei der Budget-Verteilung auf die Bestandskunden?

Da gibt es eine einfache Lösung für „Customer Lifetime Value Prognosen“. Durch Machine Learning wird für jeden einzelnen Kunden eine Umsatz-Vorhersage für einen bestimmten Zeitraum getroffen. So kann das Bestandkundenmarketing das Marketingbudget ganz gezielt einsetzen und nach dem Kundenwert steuern. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Kundenreaktivierung im Handel. Sie haben ein bestimmtes Budget und können nicht jedem Kunden eine Reaktivierungsmaßnahme zukommen lassen. Wenn Sie einen gut berechneten Customer Lifetime Value haben, können Sie sich so auf die wertigen Kunden konzentrieren und diese reaktivieren.

Data Science Blog: Mit welchen Technologien arbeiten Sie bevorzugt? Welche Tools sind gerade im Kontext von analytischen Aufgaben im Marketing besonders effizient?

Wir haben uns in den letzten Jahren besonders auf Python und PySpark fokussiert. Mit der Entwicklung von Python für Data Science konnten die anderen Umgebungen kaum mithalten und somit ist Python aus meiner Sicht derzeit die beste Umgebung für unsere Lösungen.

Auch die Cloud spielt eine große Rolle für uns. Als kleines Unternehmen haben wir uns bei datasolut auf die AWS Cloud fokussiert, da wir gar nicht in der Lage wären, riesige Datenbestände unserer Kunden zu hosten.

Vor allem von dem hohen Automatisierungsgrad in Bezug auf Datenverarbeitung und Machine Learning bietet AWS alles, was das Data Science Herz begehrt.

Data Science Blog: Was würden Sie einem Junior Marketing Manager und einem Junior Data Scientist für den Ausbau seiner Karriere raten? Wie werden diese jungen Menschen zukünftig beruflich erfolgreich?

Dem Junior Marketing Manager würde ich immer raten, dass er sich Datenanalyse-Skills erarbeiten soll. Aber vor allem sollte er verstehen, was mit Daten alles möglich ist und wie diese eingesetzt werden können. Auch in meiner Vorlesung zu „Big Data im Marketing“ an der Hochschule Düsseldorf unterrichte ich Studierende, die auf Marketing spezialisiert sind. Hier gebe ich stets diesen Ratschlag.

Bei den Junior Daten Scientist ist es andersherum. Ich sehe in der Praxis immer wieder Data Scientists, die den Transfer zwischen Marketing und Data Science nicht gut hinbekommen. Daher rate ich jedem Data Scientist, der sich auf Marketing und Vertrieb fokussieren will, dass hier fachliches Know-How essentiell ist. Kein Modell oder Score hat einen Wert für ein Unternehmen, wenn es nicht gut im Marketing eingesetzt wird und dabei hilft, Marketingprozesse zu automatisieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass sich Data Science und Machine Learning gerade rasant ändern. Die Automatisierung (Stichwort: AutoML) von diesen Prozessen ist auf der Überholspur, dass zeigen die großen Cloudanbieter ganz deutlich. Auch wir nutzen diese Technologie schon in der Praxis. Was der Algorithmus aber nicht übernehmen kann, ist der Transfer und Enablement der Fachbereiche.

Data Science Blog: Zum Schluss noch eine Bitte: Was ist Ihre Prophezeiung für die kommenden Jahre 2021/2022. What is the next big thing in Marketing Analytics?

Es gibt natürlich viele kleinere Trends, welche das Marketing verändern werden. Ich denke jedoch, dass die größte Veränderung für die Unternehmen sein wird, dass es einen viel großflächigeren Einsatz von Machine Learning im Marketing geben wird. Dadurch wird der Wettbewerb härter und für viele Unternehmen wird Marketing Analytics ein essentieller Erfolgsfaktor sein.

Interview: Operationalisierung von Data Science

Interview mit Herrn Dr. Frank Block von Roche Diagnostics über Operationalisierung von Data Science

Herr Dr. Frank Block ist Head of IT Data Science bei Roche Diagnostics mit Sitz in der Schweiz. Zuvor war er Chief Data Scientist bei der Ricardo AG nachdem er für andere Unternehmen die Datenanalytik verantwortet hatte und auch 20 Jahre mit mehreren eigenen Data Science Consulting Startups am Markt war. Heute tragen ca. 50 Mitarbeiter bei Roche Diagnostics zu Data Science Projekten bei, die in sein Aktivitätsportfolio fallen: 

Data Science Blog: Herr Dr. Block, Sie sind Leiter der IT Data Science bei Roche Diagnostics? Warum das „IT“ im Namen dieser Abteilung?

Roche ist ein großes Unternehmen mit einer großen Anzahl von Data Scientists in ganz verschiedenen Bereichen mit jeweils sehr verschiedenen Zielsetzungen und Themen, die sie bearbeiten. Ich selber befinde mich mit meinem Team im Bereich „Diagnostics“, d.h. der Teil von Roche, in dem Produkte auf den Markt gebracht werden, die die korrekte Diagnose von Krankheiten und Krankheitsrisiken ermöglichen. Innerhalb von Roche Diagnostics gibt es wiederum verschiedene Bereiche, die Data Science für ihre Zwecke nutzen. Mit meinem Team sind wir in der globalen IT-Organisation angesiedelt und kümmern uns dort insbesondere um Anwendungen von Data Science für die Optimierung der internen Wertschöpfungskette.

Data Science Blog: Sie sind längst über die ersten Data Science Experimente hinaus. Die Operationalisierung von Analysen bzw. analytischen Applikationen ist für Sie besonders wichtig. Welche Rolle spielt das Datenmanagement dabei? Und wo liegen die Knackpunkte?

Ja, richtig. Die Zeiten, in denen sich Data Science erlauben konnte „auf Vorrat“ an interessanten Themen zu arbeiten, weil sie eben super interessant sind, aber ohne jemals konkrete Wertschöpfung zu liefern, sind definitiv und ganz allgemein vorbei. Wir sind seit einigen Jahren dabei, den Übergang von Data Science Experimenten (wir nennen es auch gerne „proof-of-value“) in die Produktion voranzutreiben und zu optimieren. Ein ganz essentielles Element dabei stellen die Daten dar; diese werden oft auch als der „Treibstoff“ für Data Science basierte Prozesse bezeichnet. Der große Unterschied kommt jedoch daher, dass oft statt „Benzin“ nur „Rohöl“ zur Verfügung steht, das zunächst einmal aufwändig behandelt und vorprozessiert werden muss, bevor es derart veredelt ist, dass es für Data Science Anwendungen geeignet ist. In diesem Veredelungsprozess wird heute noch sehr viel Zeit aufgewendet. Je besser die Datenplattformen des Unternehmens, umso größer die Produktivität von Data Science (und vielen anderen Abnehmern dieser Daten im Unternehmen). Ein anderes zentrales Thema stellt der Übergang von Data Science Experiment zu Operationalisierung dar. Hier muss dafür gesorgt werden, dass eine reibungslose Übergabe von Data Science an das IT-Entwicklungsteam erfolgt. Die Teamzusammensetzung verändert sich an dieser Stelle und bei uns tritt der Data Scientist von einer anfänglich führenden Rolle in eine Beraterrolle ein, wenn das System in die produktive Entwicklung geht. Auch die Unterstützung der Operationalisierung durch eine durchgehende Data Science Plattform kann an dieser Stelle helfen.

Data Science Blog: Es heißt häufig, dass Data Scientists kaum zu finden sind. Ist Recruiting für Sie tatsächlich noch ein Thema?

Generell schon, obwohl mir scheint, dass dies nicht unser größtes Problem ist. Glücklicherweise übt Roche eine große Anziehung auf Talente aus, weil im Zentrum unseres Denkens und Handelns der Patient steht und wir somit durch unsere Arbeit einen sehr erstrebenswerten Zweck verfolgen. Ein zweiter Aspekt beim Aufbau eines Data Science Teams ist übrigens das Halten der Talente im Team oder Unternehmen. Data Scientists suchen vor allem spannenden und abwechselnden Herausforderungen. Und hier sind wir gut bedient, da die Palette an Data Science Anwendungen derart breit ist, dass es den Kollegen im Team niemals langweilig wird.

Data Science Blog: Sie haben bereits einige Analysen erfolgreich produktiv gebracht. Welche Herausforderungen mussten dabei überwunden werden? Und welche haben Sie heute noch vor sich?

Wir konnten bereits eine wachsende Zahl an Data Science Experimenten in die Produktion überführen und sind sehr stolz darauf, da dies der beste Weg ist, nachhaltig Geschäftsmehrwert zu generieren. Die gleichzeitige Einbettung von Data Science in IT und Business ist uns bislang gut gelungen, wir werden aber noch weiter daran arbeiten, denn je näher wir mit unseren Kollegen in den Geschäftsabteilungen arbeiten, umso besser wird sichergestellt, das Data Science sich auf die wirklich relevanten Themen fokussiert. Wir sehen auch guten Fortschritt aus der Datenperspektive, wo zunehmend Daten über „Silos“ hinweg integriert werden und so einfacher nutzbar sind.

Data Science Blog: Data Driven Thinking wird heute sowohl von Mitarbeitern in den Fachbereichen als auch vom Management verlangt. Sind wir schon so weit? Wie könnten wir diese Denkweise im Unternehmen fördern?

Ich glaube wir stecken mitten im Wandel, Data-Driven Decisions sind im Kommen, aber das braucht auch seine Zeit. Indem wir zeigen, welches Potenzial ganz konkrete Daten und Advanced Analytics basierte Entscheidungsprozesse innehaben, helfen wir, diesen Wandel voranzutreiben. Spezifische Weiterbildungsangebote stellen eine andere Komponente dar, die diesen Transformationszrozess unterstützt. Ich bin überzeugt, dass wenn wir in 10-20 Jahren zurückblicken, wir uns fragen, wie wir überhaupt ohne Data-Driven Thinking leben konnten…

Interview – There is no stand-alone strategy for AI, it must be part of the company-wide strategy

Ronny FehlingRonny Fehling is Partner and Associate Director for Artificial Intelligence as the Boston Consulting Group GAMMA. With more than 20 years of continually progressive experience in leading business and technology innovation, spearheading digital transformation, and aligning the corporate strategy with Artificial Intelligence he industry-leading organizations to grow their top-line and kick-start their digital transformation.

Ronny Fehling is furthermore speaker of the Predictive Analytics World for Industry 4.0 in May 2020.

Data Science Blog: Mr. Fehling, you are consulting companies and business leaders about AI and how to get started with it. AI as a definition is often misleading. How do you define AI?

This is a good question. I think there are two ways to answer this:

From a technical definition, I often see expressions about “simulation of human intelligence” and “acting like a human”. I find using these terms more often misleading rather than helpful. I studied AI back when it wasn’t yet “cool” and still middle of the AI winter. And yes, we have much more compute power and access to data, but we also think about data in a very different way. For me, I typically distinguish between machine learning, which uses algorithms and statistical methods to identify patterns in data, and AI, which for me attempts to interpret the data in a given context. So machine learning can help me identify and analyze frequency patterns in text and even predict the next word I will type based on my history. AI will help me identify ‘what’ I’m writing about – even if I don’t explicitly name it. It can tell me that when I’m asking “I’m looking for a place to stay” that I might want to see a list of hotels around me. In other words: machine learning can detect correlations and similar patterns, AI uses machine learning to generate insights.

I always wondered why top executives are so frequently asking about the definition of AI because at first it seemed to me not as relevant to the discussion on how to align AI with their corporate strategy. However, I started to realize that their question is ultimately about “What is AI and what can it do for me?”.

For me, AI can do three things really good, which humans cannot really do and previous approaches couldn’t cope with:

  1. Finding similar patterns in historical data. Imagine 20 years of data like maintenance or repair documents of a manufacturing plant. Although they describe work done on a multitude of products due to a multitude of possible problems, AI can use this to look for a very similar situation based on a current problem description. This can be used to identify a common root cause as well as a common solution approach, saving valuable time for the operation.
  2. Finding correlations across time or processes. This is often used in predictive maintenance use cases. Here, the AI tries to see what similar events happen typically at some time before a failure happen. This way, it can alert the operator much earlier about an impending failure, say due to a change in the vibration pattern of the machine.
  3. Finding an optimal solution path based on many constraints. There are many problems in the business world, where choosing the optimal path based on complex situations is critical. Let’s say that suddenly a severe weather warning at an airport forces an airline to have to change their scheduling because of a reduced airport capacity. Delays for some aircraft can cause disruptions because passengers or personnel not being able to connect anymore. Knowing which aircraft to delay, which to cancel, which to switch while causing the minimal amount of disruption to passengers, crew, maintenance and ground-crew is something AI can help with.

The key now is to link these fundamental capabilities with the business context of the company and how it can ultimately help transform.

Data Science Blog: Companies are still starting with their own company-wide data strategy. And now they are talking about AI strategies. Is that something which should be handled separately?

In my experience – both based on having seen the implementations of several corporate data strategies as well as my upbringing at Oracle – the data strategy and AI strategy are co-dependent and cannot be separated. Very often I hear from clients that they think they first need to bring their data in order before doing AI project. And yes, without good data access, AI cannot really work. In fact, most of the time spent on AI is spent on processing, cleansing, understanding and contextualizing the data. However, you cannot really know what data will be needed in which form without knowing what you want to use it for. This is why strategies that handle data and AI separately mostly fail and generate huge costs.

Data Science Blog: What are the important steps for developing a good data strategy? Is there something like a general approach?

In my eyes, the AI strategy defines the data strategy step by step as more use cases are implemented. Rather than focusing too quickly at how to get all corporate data into a data lake, it will be much more important to start creating a use-case, technology and data governance. This governance has to be established once the AI strategy is starting to mature to enable the scale up and productization. At the beginning is to find the (very few) use-cases that can serve as light house projects to demonstrate (1) value impact, (2) a way to go from MVP to Pilot, and (3) how to address the data challenge. This will then more naturally identify the elements of governance, data access and technology that are required.

Data Science Blog: What are the most common questions from business leaders to you regarding AI? Why do they hesitate to get started?

By far it the most common question I get is: how do I get started? The hesitations often come from multiple sources like: “We don’t have the talent in house to do AI”, “Our data is not good enough”, “We don’t know which use-case to start with”, “It’s not easy for us to embrace agile and failure culture because our products are mission critical”, “We don’t know how much value this can bring us”.

Data Science Blog: Most managers prefer to start small and with lower risk. They seem to postpone bigger ideas to a later stage, at least some milestones should be reached. Is that a good idea or should they think bigger?

AI is often associated (rightfully so) with a new way of working – agile and embracing failures. Similarly, there is also the perception of significant cost to starting with AI (talent, technology, data). These perceptions often lead managers wanting to start with several smaller ambition use-cases where failure isn’t that grave. Once they have proven itself somehow, they would then move on to bigger projects. The problem with this strategy is on the one side that you fragment your few precious AI resources on too many projects and at the same time you cannot really demonstrate an impact since the projects weren’t chosen based on their impact potential.

The AI pioneers typically were successful by “thinking big, starting small and scaling fast”. You start by assessing the value potential of a use-case, for example: my current OEE (Overall Equipment Efficiency) is at 65%. There is an addressable loss of 25% which would grow my top line by $X. With the help of AI experts, you then create a hypothesis of how you think you can reduce that loss. This might be by choosing one specific equipment and 50% of the addressable loss. This is now the measure against which you define your failure or non-failure criteria. Once you have proven an MVP that can solve this loss, you scale up by piloting it in real-life setting and then scaling it to all the equipment. At every step of this process, you have a failure criterion that is measured by the impact value.


Virtual Edition, 11-12 MAY, 2020

The premier machine learning
conference for industry 4.0

This year Predictive Analytics World for Industry 4.0 runs alongside Deep Learning World and Predictive Analytics World for Healthcare.

Interview – Predictive Maintenance and how it can unleash cost savings

Interview with Dr. Kai Goebel, Principal Scientist at PARC, a Xerox Company, about Predictive Maintenance and how it can unleash cost savings.

Dr. Kai Goebel is principal scientist as PARC with more than two decades experience in corporate and government research organizations. He is responsible for leading applied research on state awareness, prognostics and decision-making using data analytics, AI, hybrid methods and physics-base methods. He has also fielded numerous applications for Predictive Maintenance at General Electric, NASA, and PARC for uses as diverse as rocket launchpads, jet engines, and chemical plants.

Data Science Blog: Mr. Goebel, predictive maintenance is not just a hype since industrial companies are already trying to establish this use case of predictive analytics. What benefits do they really expect from it?

Predictive Maintenance is a good example for how value can be realized from analytics. The result of the analytics drives decisions about when to schedule maintenance in advance of an event that might cause unexpected shutdown of the process line. This is in contrast to an uninformed process where the decision is mostly reactive, that is, maintenance is scheduled because equipment has already failed. It is also in contrast to a time-based maintenance schedule. The benefits of Predictive Maintenance are immediately clear: one can avoid unexpected downtime, which can lead to substantial production loss. One can manage inventory better since lead times for equipment replacement can be managed well. One can also manage safety better since equipment health is understood and safety averse situations can potentially be avoided. Finally, maintenance operations will be inherently more efficient as they shift significant time from inspection to mitigation of.

Data Science Blog: What are the most critical success factors for implementing predictive maintenance?

Critical for success is to get the trust of the operator. To that end, it is imperative to understand the limitations of the analytics approach and to not make false performance promises. Often, success factors for implementation hinge on understanding the underlying process and the fault modes reasonably well. It is important to be able to recognize the difference between operational changes and abnormal conditions. It is equally important to recognize rare events reliably while keeping false positives in check.

Data Science Blog: What kind of algorithm does predictive maintenance work with? Do you differentiate between approaches based on classical machine learning and those based on deep learning?

Well, there is no one kind of algorithm that works for Predictive Mantenance everywhere. Instead, one should look at the plurality of all algorithms as tools in a toolbox. Then analyze the problem – how many examples for run-to-failure trajectories are there; what is the desired lead time to report on a problem; what is the acceptable false positive/false negative rate; what are the different fault modes; etc – and use the right kind of tool to do the job. Just because a particular approach (like the one you mentioned in your question) is all the hype right now does not mean it is the right tool for the problem. Sometimes, approaches from what you call “classical machine learning” actually work better. In fact, one should consider approaches even outside the machine learning domain, either as stand-alone approach as in a hybrid configuration. One may also have to invent new methods, for example to perform online learning of the dynamic changes that a system undergoes through its (long) life. In the end, a customer does not care about what approach one is using, only if it solves the problem.

Data Science Blog: There are several providers for predictive analytics software. Is it all about software tools? What makes the difference for having success?

Frequently, industrial partners lament that they have to spend a lot of effort in teaching a new software provider about the underlying industrial processes as well as the equipment and their fault modes. Others are tired of false promises that any kind of data (as long as you have massive amounts of it) can produce any kind of performance. If one does not physically sense a certain modality, no algorithmic magic can take place. In other words, it is not just all about the software. The difference for having success is understanding that there is no cookie cutter approach. And that realization means that one may have to role up the sleeves and to install new instrumentation.

Data Science Blog: What are coming trends? What do you think will be the main topic 2020 and 2021?

Predictive Maintenance is slowly evolving towards Prescriptive Maintenance. Here, one does not only seek to inform about an impending problem, but also what to do about it. Such an approach needs to integrate with the logistics element of an organization to find an optimal decision that trades off several objectives with regards to equipment uptime, process quality, repair shop loading, procurement lead time, maintainer availability, safety constraints, contractual obligations, etc.

Interview: Künstliche Intelligenz in der Pharma-Forschung und -Entwicklung

Interview mit Anna Bauer-Mehren, Head of Data Science in der Pharma-Forschung und -Entwicklung bei Roche in Penzberg

Frau Dr. Bauer-Mehren ist Head of Data Science im Bereich Pharma-Forschung und -Entwicklung bei Roche in Penzberg. Sie studierte Bioinformatik an der LMU München und schloss ihre Promotion im Bereich Biomedizin an der Pompeu Fabra Universität im Jahr 2010 in Spanien ab. Heute befasst sie sich mit dem Einsatz von Data Science zur Verbesserung der medizinischen Produkte und Prozesse bei Roche. Ferner ist sie Speaker der Predictive Analytics World Healthcare (Virtual Conference, Mai 2020).

Data Science Blog: Frau Bauer-Mehren, welcher Weg hat Sie bis an die Analytics-Spitze bei Roche geführt?

Ehrlich gesagt bin ich eher zufällig zum Thema Data Science gekommen. In der Schule fand ich immer die naturwissenschaftlich-mathematischen Fächer besonders interessant. Deshalb wollte ich eigentlich Mathematik studieren. Aber dann wurde in München, wo ich aufgewachsen und zur Schule gegangen bin, ein neuer Studiengang eingeführt: Bioinformatik. Diese Kombination aus Biologie und Informatik hat mich so gereizt, dass ich die Idee des Mathe-Studiums verworfen habe. Im Bioinformatik-Studium ging es unter anderem um Sequenzanalysen, etwa von Gen- oder Protein-Sequenzen, und um Machine Learning. Nach dem Masterabschluss habe ich an der Universitat Pompeu Fabra in Barcelona in biomedizinischer Informatik promoviert. In meiner Doktorarbeit und auch danach als Postdoktorandin an der Stanford School of Medicine habe ich mich mit dem Thema elektronische Patientenakten beschäftigt. An beiden Auslandsstationen kam ich auch immer wieder in Berührung mit Themen aus dem Pharma-Bereich. Bei meiner Rückkehr nach Deutschland hatte ich die Pharmaforschung als Perspektive für meine berufliche Zukunft fest im Blick. Somit kam ich zu Roche und leite seit 2014 die Abteilung Data Science in der Pharma-Forschung und -Entwicklung.

Data Science Blog: Was sind die Kernfunktionen der Data Science in Ihrem Bereich der Pharma-Forschung und -Entwicklung?

Ich bin Abteilungsleiterin für Data Science von pREDi (Pharma Research and Early Development Informatics), also von Roches Pharma-Forschungsinformatik. Dieser Bereich betreut alle Schritte von der Erhebung der Daten bis zur Auswertung und unterstützt alle Forschungsgebiete von Roche, von den Neurowissenschaften und der Onkologie bis hin zu unseren Biologie- und Chemielaboren, die die Medikamente herstellen. Meine Abteilung ist für die Auswertung der Daten zuständig. Wir beschäftigen uns damit, Daten so aufzubereiten und auszuwerten, dass daraus neue Erkenntnisse für die Erforschung und Entwicklung sowie die Optimierung von pharmazeutischen Produkten und Therapien gewonnen werden könnten. Das heißt, wir wollen die Daten verstehen, interpretieren und zum Beispiel einen Biomarker finden, der erklärt, warum manche Patienten auf ein Medikament ansprechen und andere nicht.

Data Science Blog: Die Pharmaindustrie arbeitet schon seit Jahrzehnten mit Daten z. B. über Diagnosen, Medikationen und Komplikationen. Was verbessert sich hier gerade und welche Innovationen geschehen hier?

Für die medizinische Forschung ist die Qualität der Daten sehr wichtig. Wenn ein Medikament entwickelt wird, fallen sehr große Datenmengen an. Früher hat niemand dafür gesorgt, dass diese Daten so strukturiert und aufbereitet werden, dass sie später auch in der Forschung oder bei der Entwicklung anderer Medikamente genutzt werden können. Es gab noch kein Bewusstsein dafür, dass die Daten auch über den eigentlichen Zweck ihrer Erhebung hinaus wertvoll sein könnten. Das hat sich mittlerweile deutlich verbessert, auch dank des Bereichs Data Science. Heute ist es normal, die eigenen Daten „FAIR“ zu machen. Das Akronym FAIR steht für findable, accessible, interoperable und reusable. Das heißt, dass man die Daten so sauber managen muss, dass Forscher oder andere Entwickler sie leicht finden, und dass diese, wenn sie die Berechtigung dafür haben, auch wirklich auf die Daten zugreifen können. Außerdem müssen Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammengebracht werden können. Und man muss die Daten auch wiederverwenden können.

Data Science Blog: Was sind die Top-Anwendungsfälle, die Sie gerade umsetzen oder für die Zukunft anstreben?

Ein Beispiel, an dem wir zurzeit viel forschen, ist der Versuch, so genannte Kontrollarme in klinischen Studien zu erstellen. In einer klinischen Studie arbeitet man ja immer mit zwei Patientengruppen: Eine Gruppe der Patienten bekommt das Medikament, das getestet werden soll, während die anderen Gruppe, die Kontrollgruppe, beispielsweise ein Placebo oder eine Standardtherapie erhält. Und dann wird natürlich verglichen, welche der zwei Gruppen besser auf die Therapie anspricht, welche Nebenwirkungen auftreten usw. Wenn wir jetzt in der Lage wären, diesen Vergleich anhand von schon vorhanden Patientendaten durchzuführen, quasi mit virtuellen Patienten, dann würden wir uns die Kontrollgruppe bzw. einen Teil der Kontrollgruppe sparen. Wir sprechen hierbei auch von virtuellen oder externen Kontrollarmen. Außerdem würden wir dadurch auch Zeit und Kosten sparen: Neue Medikamente könnten schneller entwickelt und zugelassen werden, und somit den ganzen anderen Patienten mit dieser speziellen Krankheit viel schneller helfen.

Data Science Blog: Mit welchen analytischen Methoden arbeiten Sie und welche Tools stehen dabei im Fokus?

Auch wir arbeiten mit den gängigen Programmiersprachen und Frameworks. Die meisten Data Scientists bevorzugen R und/oder Python, viele verwenden PyTorch oder auch TensorFlow neben anderen.  Generell nutzen wir durchaus viel open-source, lizenzieren aber natürlich auch Lösungen ein. Je nachdem um welche Fragestellungen es sich handelt, nutzen wir eher statistische Modelle- Wir haben aber auch einige Machine Learning und Deep Learning use cases und befassen uns jetzt auch stark mit der Operationalisierung von diesen Modellen. Auch Visualisierung ist sehr wichtig, da wir die Ergebnisse und Modelle ja mit Forschern teilen, um die richtigen Entscheidungen für die Forschung und Entwicklung zu treffen. Hier nutzen wir z.B. auch RShiny oder Spotfire.

Data Science Blog: Was sind Ihre größten Herausforderungen dabei?

In Deutschland ist die Nutzung von Patientendaten noch besonders schwierig, da die Daten hier, anders als beispielsweise in den USA, dem Patienten gehören. Hier müssen erst noch die notwendigen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das Konzept der individualisierten Medizin funktioniert aber nur auf Basis von großen Datenmengen. Aktuell müssen wir uns also noch um die Fragen kümmern, wo wir die Datenmengen, die wir benötigen, überhaupt herbekommen. Leider sind die Daten von Patienten, ihren Behandlungsverläufen etc. in Deutschland oft noch nicht einmal digitalisiert. Zudem sind die Daten meist fragmentiert und auch in den kommenden Jahren wird uns sicherlich noch die Frage beschäftigen, wie wir die Daten so sinnvoll erheben und sammeln können, dass wir sie auch integrieren können. Es gibt Patientendaten, die nur der Arzt erhebt. Dann gibt es vielleicht noch Daten von Fitnessarmbändern oder Smartphones, die auch nützlich wären. Das heißt, dass wir aktuell, auch intern, noch vor der Herausforderung stehen, dass wir die Daten, die wir in unseren klinischen Studien erheben, nicht ganz so einfach mit den restlichen Datenmengen zusammenbringen können – Stichwort FAIRification. Zudem reicht es nicht nur, Daten zu besitzen oder Zugriff auf Daten zu haben, auch die Datenqualität und -organisation sind entscheidend. Ich denke, es ist sehr wichtig, genau zu verstehen, um was für Daten es sich handelt, wie diese Erhoben wurden und welche (wissenschaftliche) Frage ich mit den Daten beantworten möchte. Ein gutes Verständnis der Biologie bzw. Medizin und der dazugehörigen Daten sind also für uns genauso wichtig wie das Verständnis von Methoden des Machine Learning oder der Statistik.

Data Science Blog: Wie gehen Sie dieses Problem an? Arbeiten Sie hier mit dedizierten Data Engineers? Binden Sie Ihre Partner ein, die über Daten verfügen? Freuen Sie sich auf die Vorhaben der Digitalisierung wie der digitalen Patientenakte?

Roche hat vor ein paar Jahren die Firma Flatiron aus den USA übernommen. Diese Firma bereitet Patientendaten zum Beispiel aus der Onkologie für Krankenhäuser und andere Einrichtungen digital auf und stellt sie für unsere Forschung – natürlich in anonymisierter Form – zur Verfügung. Das ist möglich, weil in den USA die Daten nicht den Patienten gehören, sondern dem, der sie erhebt und verwaltet. Zudem schaut Roche auch in anderen Ländern, welche patientenbezogenen Daten verfügbar sind und sucht dort nach Partnerschaften. In Deutschland ist der Schritt zur elektronischen Patientenakte (ePA) sicherlich der richtige, wenn auch etwas spät im internationalen Vergleich. Dennoch sind die Bestrebungen richtig und ich erlebe auch in Deutschland immer mehr Offenheit für eine Wiederverwendung der Daten, um die Forschung voranzutreiben und die Patientenversorgung zu verbessern.

Data Science Blog: Sollten wir Deutsche uns beim Datenschutz lockern, um bessere medizinische Diagnosen und Behandlungen zu erhalten? Was wäre Ihr Kompromiss-Vorschlag?

Generell finde ich Datenschutz sehr wichtig und erachte unser Datenschutzgesetz in Deutschland als sehr sinnvoll. Ich versuche aber tatsächlich auf Veranstaltungen und bei anderen Gelegenheiten Vertreter der Politik und der Krankenkassen immer wieder darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig und wertvoll für die Gesellschaft eine Nutzung der Versorgungsdaten in der Pharmaforschung wäre. Aber bei der Lösung der Problematik kommen wir in Deutschland nur sehr langsam voran. Ich sehe es kritisch, dass viel um dieses Thema diskutiert wird und nicht einfach mal Modelle ausprobiert werden. Wenn man die Patienten fragen würde, ob sie ihre Daten für die Forschung zur Verfügung stellen möchte, würden ganz viele zustimmen. Diese Bereitschaft vorher abzufragen, wäre technisch auch möglich. Ich würde mir wünschen, dass man in kleinen Pilotprojekten mal schaut, wie wir hier mit unserem Datenschutzgesetz zu einer ähnlichen Lösung wie beispielsweise Flatiron in den USA kommen können. Ich denke auch, dass wir mehr und mehr solcher Pilotprojekte sehen werden.

Data Science Blog: Gehört die Zukunft weiterhin den Data Scientists oder eher den selbstlernenden Tools, die Analysen automatisiert für die Produkt- oder Prozessverbesserung entwickeln und durchführen?

In Bezug auf Künstliche Intelligenz (KI) gibt es ein interessantes Sprichwort: Garbage in, Garbage out. Wenn ich also keine hochqualitativen Daten in ein Machine Learning Modell reinstecke, dann wird höchstwahrscheinlich auch nichts qualitativ Hochwertiges rauskommen. Das ist immer die Illusion, die beim Gedanken an KI entsteht: Ich lass einfach mal die KI über diesen Datenwust laufen und dann wird die gute Muster erkennen und wird mir sagen, was funktioniert. Das ist aber nicht so. Ich brauche schon gute Daten, ich muss die Daten gut organisieren und gut verstehen, damit meine KI wirklich etwas Sinnvolles berechnen kann. Es reichen eben nicht irgendwelche Daten, sondern die Daten müssen auch eine hohe Qualität haben, da sie sich sonst nicht integrieren und damit auch nicht interpretieren lassen. Dennoch arbeiten wir auch mit der Vision “Data Science” daran, immer mehr zu demokratisieren, d.h. es möglichst vielen Forschern zu ermöglichen, die Daten selbst auszuwerten, oder eben gewisse Prozessschritte in der Forschung durch KI zu ersetzen. Auch hierbei ist es wichtig, genau zu verstehen, was in welchem Bereich möglich ist. Und wieder denke ich, dass die richtige Erfassung/Qualität der Daten auch hier das A und O ist und dennoch oft unterschätzt wird.

Data Science Blog: Welches Wissen und welche Erfahrung setzen Sie für Ihre Data Scientists voraus? Und nach welchen Kriterien stellen Sie Data Science Teams für Ihre Projekte zusammen?

Generell sucht Roche als Healthcare-Unternehmen Bewerber mit einem Hintergrund in Informatik und Life Sciences zum Beispiel über ein Nebenfach oder einen Studiengang wie Biotechnologie oder Bioinformatik. Das ist deswegen wichtig, weil man bei Roche in allen Projekten mit Medizinern, Biologen oder Chemikern zusammenarbeitet, deren Sprache und Prozesse man verstehen sollte. Immer wichtiger werden zudem Experten für Big Data, Datenanalyse, Machine Learning, Robotics, Automatisierung und Digitalisierung.

Data Science Blog: Für alle Studenten, die demnächst ihren Bachelor, beispielsweise in Informatik, Mathematik oder auch der Biologie, abgeschlossen haben, was würden sie diesen jungen Damen und Herren raten, wie sie einen guten Einstieg ins Data Science bewältigen können?

Generell empfehle ich jungen Absolventen herauszufinden für welchen Bereich ihr Herz schlägt: Interessiere ich mich dafür, tief in die Biologie einzusteigen und grundlegende Prozesse zu verstehen? Möchte ich nahe am Patienten sei? Ooder ist mir wichtiger, dass ich auf möglichst große Datenmengen zugreifen kann?  Je nachdem, kann ich als Einstieg durchaus Traineeprogramme empfehlen, die es ermöglichen, in mehrere Abteilungen einer Firma Einblicke zu bekommen, oder würde eher eine Promotion empfehlen. Ich denke, das lässt sich eben nicht pauschalisieren. Für die Arbeit bei Roche ist sicherlich entscheidend, dass ich mich neben der Informatik/Data Science auch für das Thema Medizin und Biologie interessiere. Nur dann kann ich in den interdisziplinären Teams einen wertvollen Beitrag leisten und gleichzeitig auch meiner Leidenschaft folgen. Ich denke, dass das auch in anderen Branchen ähnlich ist.


Frau Bauer-Mehren ist Speaker der Predictive Analytics World Healthcare zum Thema Unlocking the Potential of FAIR Data Using AI at Roche.

The Predictive Analytics World Healthcare is the premier machine learning conference for the Healthcare Industry. Due to the corona virus crisis, this conference will be a virtual edition from 11 to 12 MAY 2020.

Looking for the ‘aha moment’: An expert’s insights on process mining

Henny Selig is a specialist in process mining, with significant expertise in the implementation of process mining solutions and supporting customers with process analysis. As a Solution Owner at Signavio, Henny is also well versed in bringing Signavio Process Intelligence online for businesses of all shapes and sizes. In this interview, Henny shares her thoughts about the challenges and opportunities of process mining. 


Read this interview in German:

Im Interview mit Henny Selig zu Process Mining: “Für den Kunden sind solche Aha-Momente toll“

 


Henny, could you give a simple explanation of the concept of process mining?

Basically, process mining is a combination of data analysis and business process management. IT systems support almost every business process, meaning they leave behind digital traces. We extrapolate all the data from the IT systems connected to a particular process, then visualize and evaluate it with the help of data science technology.

In short, process mining builds a bridge between employees, process experts and management, allowing for a data-driven and fact-based approach to business process optimization. This helps avoid thinking in siloes, as well as enabling transparent design of handovers and process steps that cross departmental boundaries within an organization.

When a business starts to analyze their process data, what are the sorts of questions they ask? Do they have at least have some expectation about what process mining can offer?

That’s a really good question! There isn’t really a single good answer to it, as it is different for different companies. For example, there was one procurement manager, and we were presenting the complete data set to him, and it turned out there was an approval at one point, but it should have been at another. He was really surprised, but we weren’t, because we sat outside the process itself and were able to take a broader view. 

We also had different questions that the company hadn’t considered, things like what was the process flow if an order amount is below 1000 euros, and how often that occurs—just questions that seem clear to an outsider but often do not occur to process owners.

So do people typically just have an idea that something is wrong, or do they generally understand there is a specific problem in one area, and they want to dive deeper? 

There are those people who know that a process is running well, but they know a particular problem pops up repeatedly. Usually, even if people say they don’t have a particular focus or question, most of them actually do because they know their area. They already have some assumptions and ideas, but it is sometimes so deep in their mind they can’t actually articulate it.

Often, if you ask people directly how they do things, it can put pressure on them, even if that’s not the intention. If this happens, people may hide things without meaning to, because they already have a feeling that the process or workflow they are describing is not perfect, and they want to avoid blame. 

The approvals example I mentioned above is my favorite because it is so simple. We had a team who all said, over and over, “We don’t approve this type of request.” However, the data said they did–the team didn’t even know. 

We then talked to the manager, who was interested in totally different ideas, like all these risks, approvals, are they happening, how many times this, how many times that — the process flow in general. Just by having this conversation, we were able to remove the mismatch between management and the team, and that is before we even optimized the actual process itself. 

So are there other common issues or mismatches that people should be aware of when beginning their process mining initiative?

The one I often return to is that not every variation that is out of line with the target model is necessarily negative. Very few processes, apart from those that run entirely automatically, actually conform 100% to the intended process model—even when the environment is ideal. For this reason, there will always be exceptions requiring a different approach. This is the challenge in projects: finding out which variations are desirable, and where to make necessary exceptions.

So would you say that data-based process analysis is a team effort?

Absolutely! In every phase of a process mining project, all sorts of project members are included. IT makes the data available and helps with the interpretation of the data. Analysts then carry out the analysis and discuss the anomalies they find with IT, the process owners, and experts from the respective departments. Sometimes there are good reasons to explain why a process is behaving differently than expected. 

In this discussion, it is incredibly helpful to document the thought process of the team with technical means, such as Signavio Process Intelligence. In this way, it is possible to break down the analysis into individual processes and to bring the right person into the discussion at the right point without losing the thread of the discussion. Then, the next colleague who picks up the topic can then see the thread of the analysis and properly classify the results.

At the very least, we can provide some starting points. Helping people reach an “aha moment” is one of the best parts of my job!

To find out more about how process mining can help you understand and optimize your business processes, visit the Signavio Process Intelligence product page. If you would like to get a group effort started in your organization right now, why not sign up for a free 30-day trial with Signavio, today.

Im Interview mit Henny Selig zu Process Mining: “Für den Kunden sind solche Aha-Momente toll“

Henny Selig ist Spezialistin für Process Mining und verfügt über umfassende Erfahrung bei der Umsetzung von Process-Mining-Lösungen und der Unterstützung von Kunden bei der Prozessanalyse. Als Solution Owner bei Signavio ist Henny auch mit der Implementierung von Signavio Process Intelligence bei Unternehmen jeglicher Größe bestens vertraut. In diesem Interview geht Henny auf die Herausforderungen und Chancen von Process Mining ein. 


Read this interview in English:

Looking for the ‘aha moment’: An expert’s insights on process mining

 


Henny, wie würdest du das Konzept „Process Mining“ erklären?

Process Mining ist eine Kombination aus Datenanalyse und Business Process Management. Nahezu jeder Geschäftsprozess stützt sich auf IT-Systeme und hinterlässt digitale Spuren. Aus diesen IT-Systemen extrahieren wir alle Daten, die einen bestimmten Prozess betreffen, visualisieren sie und werten diese dann mithilfe von Data Science-Technologien aus.

Kurz gesagt: Process Mining bildet eine wichtige Brücke zwischen Fachabteilungen, Prozessverantwortlichen und dem Management. Damit sind datengestützte und faktenbasierte Diskussionen zur Optimierung von Geschäftsprozessen möglich. So lassen sich vor allem Übergaben und abteilungsübergreifende Schritte transparent gestalten und Silo-Denken vermeiden.

Welche Fragen beschäftigen Unternehmen, die mit Process Mining beginnen? Gibt es bestimmte Erwartungen, die durch den Einsatz von Process Mining erfüllt werden sollen?

Jedes Unternehmen ist anders und hat unterschiedliche Fragen und Erwartungen. Ein Beispiel: Ein Beschaffungsmanager, mit dem ich vor Kurzem zusammengearbeitet habe, war von den analysierten Daten überrascht. Denn es stellte sich heraus, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt im Prozess eine Genehmigung vorlag, die eigentlich in einem anderen Moment erfolgen sollte. Für den Kunden sind solche Aha-Momente toll. Sie treten ganz automatisch auf, wenn man eine objektive und transparente Sicht auf den jeweiligen Prozess hat. 

Es wurden auch Fragen von uns aufgeworfen, die das Unternehmen bisher nicht berücksichtigt hatte, z. B. wie sich der Prozessablauf bei einem Bestellbetrag unter 1.000 Euro gestaltet und wie oft dies vorkommt. Fragen, die einem Außenstehenden klar erscheinen, die sich Prozessverantwortliche aber oft nicht stellen.

Ahnen Unternehmen häufig nur, dass ein Prozess nicht wie gewünscht läuft? Oder wissen die Meisten um spezifische Probleme in einem Bereich? 

Es gibt Unternehmen, die wissen, dass ein Prozess prinzipiell gut läuft, ein bestimmtes Problem aber immer wieder auftritt. Die involvierten Mitarbeiter sagen in diesen Fällen häufig, dass sie kein bestimmtes Anliegen oder keine konkrete Frage haben. Das stimmt natürlich nicht: Bei genauerem Nachfragen äußern sie dann erste Vermutungen oder Ideen.

Wenn man Mitarbeiter eines Unternehmens direkt fragt, wie sie bestimmte Dinge erledigen, sorgt das oft völlig unbeabsichtigt für Stress. Viele halten zunächst Informationen zurück, weil sie das Gefühl haben, dass der von ihnen beschriebene Prozess oder Workflow nicht perfekt ist. So wollen sie Vorwürfe vermeiden. 

Das oben erwähnte Genehmigungsbeispiel ist mein Favorit, weil es so eindeutig ist. Im betreffenden Unternehmen gab es zum Beispiel ein Team, das immer wieder sagte: „Diese Art von Anträgen genehmigen wir nicht.“ Die Daten sagten jedoch etwas ganz anderes – dem Team war das überhaupt nicht bewusst. 

Wir sprachen dann mit dem Manager. Dieser hatte sich bisher über ganz andere Dinge Gedanken gemacht wie etwa Risiken, den Prozessfluss im Allgemeinen und vieles andere. Nur allein durch dieses Gespräch konnten wir schon die Unstimmigkeiten zwischen dem Management und dem Team beseitigen, noch bevor der eigentliche Prozess selbst optimiert wurde. 

Gibt es noch andere Aspekte, die Unternehmen beachten sollten, wenn sie mit ihrer Process Mining-Initiative beginnen?

Nicht jede Varianz jenseits des Soll-Modells eines Prozesses ist automatisch negativ. Die wenigsten Prozesse, die nicht rein automatisiert ablaufen, sind zu 100% prozesskonform – selbst wenn die Rahmenbedingungen ideal sind. Daher wird es immer Ausnahmen geben, die einen anderen Ansatz erfordern. Und genau das ist die Herausforderung im Projekt: Man muss herausfinden, welche Variationen gewünscht und wo notwendige Ausnahmen zu treffen sind.

Würdest du sagen, dass eine datenbasierte Prozessanalyse eine Teamleistung ist?

Absolut! In jeder Phase eines Process Mining-Projekts sind ganz unterschiedliche Projektmitglieder involviert. Die IT stellt die Daten bereit und hilft bei deren Interpretation. Analysten führen dann die Prozessanalyse durch und diskutieren die gefundenen Auffälligkeiten mit der IT, den Prozessverantwortlichen und den Experten aus den Fachabteilungen. Denn manchmal gibt es gute Gründe für ein bestimmtes Prozessverhalten, das ohne das Wissen der Experten nicht erklärbar ist. 

Bei der Diskussion hilft es natürlich ungemein, den Gedankengang des Teams mit technischen Mitteln wie Signavio Process Intelligence zu dokumentieren. Auf diese Weise ist es möglich, die Analyse auf einzelne Prozesse herunterzubrechen und die richtige Person an der richtigen Stelle in die Diskussion einzubeziehen. So verliert man auch nicht den roten Faden. Und der nächste Kollege, der sich mit dem Thema beschäftigt, kann die Analyse nachvollziehen und das Ergebnis richtig einordnen.

Weitere Informationen dazu, wie Sie mit Process Mining Ihre Geschäftsprozesse besser verstehen und optimieren können, finden Sie auf der Produktseite von Signavio Process Intelligence. Oder melden Sie sich noch heute für eine kostenlose  bei Signavio an und legen Sie direkt los.