Erfolgskriterien für Process Mining

Process Mining ist viel mehr als die automatische Erstellung von Prozessmodellen

Process Mining ist auf dem Vormarsch. Durch Process Mining können Unternehmen erkennen, wie ihre Prozesse in Wirklichkeit ablaufen [1]. Die Ergebnisse liefern erstaunliche Einblicke in die Prozessabläufe, die Sie anderweitig nicht bekommen können. Jedoch gibt es auch einige Dinge, die schiefgehen können. In diesem Artikel geben Ihnen Frank van Geffen und Anne Rozinat Tipps, Ratschläge und Hinweise auf typische Fallstricke, damit Ihr erstes Process-Mining-Projekt so erfolgreich wie möglich wird.

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“Success Criteria Process Mining”

Process Mining ist generell keine “Top-down”-Initiative. Üblicherweise gibt es ein paar weitsichtige Enthusiasten, die das Potenzial von Process Mining erkennen und es im eigenen Unternehmen ausprobieren möchten. Wenn Sie innerhalb ihrer Organisation eine Process-Mining-Initiative starten, müssen sie die folgenden, klassischen Fallen umgehen.

Erstens: Sich zu sehr von der Technologie mitreißen zu lassen kann dazu führen, den betriebswirtschaftlichen Nutzen aus den Augen zu verlieren.

Zweitens: Ein verzerrtes Bild der Datenverfügbarkeit, aufgrund des Versprechens von Big Data, kann zu überzogenen Erwartungen führen.

Und die dritte Falle: Da oftmals falsch verstanden wird, was genau Process Mining ermöglicht, hat das erste Projekt häufig einen zu anspruchsvollen Umfang.  Zu viel wird versprochen und es dauert zu lange, bis die ersten Ergebnisse vorgelegt werden können. Das untergräbt dann das Vertrauen innerhalb der Firma, dass Process Mining einen guten ROI generiert. Ein gescheitertes Projekt führt nicht nur zu einer Verringerung des Unternehmens- und Innovationsgeistes bei den Process-Mining-Enthusiasten, sondern trägt auch das Risiko mit sich, dass Process Mining für viele Jahre nicht mehr zum Einsatz kommt.

Erfolgsfaktoren

Wie also können Sie sicherstellen, dass Ihre Process-Mining-Initiative erfolgreich ist? Was macht den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg? Wir bieten Ihnen einen Strategieplan (siehe Abbildung 1) und erörtern vier Erfolgsfaktoren.

Erfolgsfaktor Nr. 1: Konzentrieren Sie sich auf den Geschäftswert

  • Do: Definieren Sie den Geschäftswert in Bezug auf die Wirksamkeit (Kundenzufriedenheit und Umsatz), Effizienz (Kosten) und Risiko (Zuverlässigkeit). Definieren Sie, in welche Aspekte des Prozesses Sie Einblick erhalten wollen. Welchem Geschäftsfaktor kommt dies zu Gute? Bessere Kundenerfahrung, Kostensenkung, Risikominderung?
  • Don’t: Lassen Sie sich nicht von den Möglichkeiten der Technologie überwältigen. Oftmals gibt es mehrere Möglichkeiten, Antworten auf Ihre Fragen zu bekommen. Und manchmal müssen mehrere Datenanalysetechniken kombiniert werden, um ein Gesamtbild zu erhalten. Fixieren Sie sich nicht “nur” auf die Verwendung von Process Mining.

Erfolgsfaktor Nr. 2: Start small, think big

  • Do: Verbinden Sie Ihre Business-Driver an eine bestimmte Geschäftsdomäne im Unternehmen. Wählen Sie einen Prozess aus, bei dem Anfang und Ende klar definiert sind. Kontrollieren Sie, ob dieser Prozess durch ein IT-System unterstützt wird. Call-Center oder Service-Desk-Prozesse eignen sich bspw. sehr gut für das erste Projekt, da die Daten aus diesen Systemen leicht zu extrahieren sind. Ebenso sind Workflow-Systeme eine gute Datenquelle für Ihr Process-Mining-Projekt. Jeder Manager eines solchen Prozesses kann von Resultaten profitieren, die dabei helfen, eine Kostensenkung oder Effizienzsteigerung zu erreichen. Dies ermöglicht das Sponsoring auf Management-Ebene. Wählen Sie einen Sponsor, der bereit ist, Sie zu unterstützen (ein Sponsor, der die Arme verschränkt und sagt: „Überraschen Sie mich” sollte bei Ihnen die Alarmglocken schrillen lassen). Und während Sie über die Anwendungsfälle und Anwendungsmöglichkeiten nachdenken, vergessen Sie nicht zu kommunizieren, was Process Mining nicht ist (siehe Abbildung 2). Indem Sie klare Grenzen setzen, können Sie die richtigen Erwartungen setzen für was es ist.
  • Don‘t: Beginnen Sie nicht mit dem wichtigsten Kernprozess Ihres Unternehmens. Das kommt später, nachdem die ersten Ergebnisse Ihre Kollegen von der Vorgehensweise überzeugt haben. Wählen Sie z.B. nicht die Produktions- und Lieferprozess Ihres Bier-Unternehmens für Ihr erstes Process-Mining-Projekt aus. Starten Sie stattdessen lieber mit dem Beschaffungsprozess. Sie werden erstaunt sein, welche Wertsteigerung der Primärprozess durch einen effektiven und effizienten Beschaffungsprozess erlangt.


Erfolgsfaktor Nr. 3: Arbeiten Sie hypothesengesteuert und in kurzen Zyklen

  • Do: Teilen Sie die wichtigsten Geschäftsfaktoren in Sub-Hypothesen auf, die Sie mit einer Process-Mining-Analyse bestätigen oder widerlegen können. Zum Beispiel: Ihr Bauchgefühl sagt Ihnen, dass dieser Service-Prozess zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Wie lange dauert der Prozess wirklich? Wie sehr weicht er von den Erwartungen ab? Wo sind die Engpässe, die die Verzögerungen in diesem Prozess verursachen? In der Praxis bringen bereits das Messen und Erkennen der tatsächlichen Durchlaufzeiten wertvolle Einsichten für die Prozessverantwortlichen. Zusätzlich können Sie dann genau feststellen, wo die Verzögerungen innerhalb des Prozesses liegen. Nehmen Sie Ihre Domänen-Experten mit bei den Einsichten, die Sie über den Projektverlauf hinweg bekommen. Bewegen Sie sie dazu, Fragen zu stellen. Erforschen Sie den Prozess und beantworten Sie die gestellten Fragen. Begrenzen Sie die Zeit, die Sie für Zwischenergebnisse und auf das Projekt insgesamt verwenden. Acht Wochen sind typischerweise eine sinnvolle Zeitspanne für das erste Projekt.
  • Don‘t: Versuchen Sie nicht, alle Fragen sofort zu beantworten. Die ersten Erkenntnisse führen oft zu weiteren Fragen, die dann tiefergehend analysiert werden müssen. Laufen Sie nicht Gefahr, alle möglichen Fragen im Vorfeld zu beantworten („Analysis Paralysis“), und nutzen Sie Ihre Ausgangshypothesen als Richtlinie, um sich nicht in den Daten und ihren Möglichkeiten zu verlieren.


Erfolgsfaktor Nr. 4: Fakten lügen nicht

  • Do: Process Mining erlaubt es Ihnen, Prozesse zu analysieren, die auf Fakten und nicht auf subjektiven Ansichten beruhen. Sprechen Sie offen und klar über die Daten, die Sie verwenden, und über die Fakten, die sich aus dieser Analyse ergeben. Dies kann zu Konfrontationen führen und für einige Mitarbeiter auch unerwünscht sein. Stellen Sie ein Change-Management-Team zusammen, das die Kompetenz besitzt, mit Widerständen umzugehen. Zum Beispiel können Sie Process Mining in ein Projekt integrieren, wo die Lean-Philosophie verwendet wird. Bei dieser Art von Projekten werden Menschen dazu angeregt, sich die „Wahrheit” zu sagen, und dadurch die wirklichen Probleme in Angriff zu nehmen und zu lösen. Process Mining kann diesen Wahrheitsfindungsprozess perfekt unterstützen. Kollaborieren Sie stets mit Experten aus den Geschäftsprozessbereichen und dem IT-Bereich für eine Plausibilitätsprüfung der Daten und der Analyse. Verwenden Sie Process Mining als einen konstruktiven Ausgangspunkt, um die richtigen Fragen zu stellen, und vermeiden Sie es vorschnelle Urteile zu fällen.
  • Don‘t: Seien Sie nie nachlässig bei der Vorbereitung und im Umgang mit den Daten. Wenn Sie die Überprüfung der Datenqualität überspringen und Schlussfolgerungen auf Daten basieren, die sich später als falsch erweisen, dann laufen Sie Gefahr das Vertrauen der Prozessverantwortlichen in Process Mining für immer zu verlieren. Gehen Sie nicht davon aus, dass alle Informationen in Ihren Daten enthalten sind (oft müssen relevante Kontextinformationen berücksichtigt werden, um die richtigen Schlüsse ziehen zu können). Ziehen Sie keine forcierten Schlussfolgerungen, die auf unvollständigen Daten basieren (wenn Ihre Fragen nicht mit den verfügbaren Daten beantwortet werden können, dann sagen Sie es) und präsentieren Sie nichts, das nicht auf Fakten beruht.

Revolutionär

Über all diese Herausforderungen kann man manchmal den Blick auf die großartigen Möglichkeiten verlieren, die Process Mining bietet. Aber verzweifeln Sie nicht und freuen Sie sich auf eine spannende Reise!

Process Mining ist viel mehr als die automatische Erstellung von Prozessmodellen [2]. Denken Sie zurück an die Zeit vor der Erfindung der Tabellenkalkulation: Man musste alles von Hand mit einem Taschenrechner ausrechnen. Mit der Tabellenkalkulation war es plötzlich möglich, diese manuellen Berechnungen zu automatisieren. Aber das war nicht das Wesentliche. Man konnte nun viel mehr machen. Zum Beispiel kann man mit einer Tabellenkalkulation finanzielle Prognosen mit Zinseszins für zehn oder zwanzig Jahre in die Zukunft erstellen, was vorher schlichtweg nicht möglich war. In gewisser Weise ist Process Mining so revolutionär für Prozesse wie die Tabellenkalkulation für Zahlen. Mit Process Mining ist es möglich, Ihre Prozesse mit viel mehr Detail zu betrachten. Sie stellen eine Verbindung zu den realen Prozessen her und Sie analysieren die Prozesse auf Basis von Fakten. Und nach jeder Prozessänderung kann die Analyse schnell und einfach wiederholt werden.

Starten Sie noch heute und erfahren Sie mehr über Process Mining:

• Melden Sie sich für den Process Mining: Data Science in Action MOOC von Prof. Wil van der Aalst bei Coursera an: https://www.coursera.org/learn/process-mining

• Laden Sie die Process Mining Software Disco von https://fluxicon.com/disco/ herunter und starten Sie mit der Analyse Ihrer eigenen Daten (Kontaktieren Sie Anne unter anne@fluxicon.com für eine Evaluationslizenz, um unlimitierte Datensätze zu importieren).

Sie werden erstaunt sein, was Sie alles mit Process Mining machen können!

Referenzen

[1] Komplexe Abläufe verständlich dargestellt mit Process Mining. URL: https://www.data-science-blog.com/blog/2015/09/10/komplexe-ablaufe-verstaendlich-dargestellt-mit-process-mining-data-science/
[2] Process Mining Does Not Remove Jobs — It Creates New Ones. URL: http://fluxicon.com/blog/2016/06/process-mining-does-not-remove-jobs-it-creates-new-ones

Co-Autor für diesen Artikel:

Frank van Geffen, Prozessanalyst bei der Rabobank (Frank.van.Geffen@rabobank.nl) und Vorsitzender der Special Interest Group (SIG) Process Mining beim niederländischen IT-Branchenverband Ngi-NGN.

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