Komplexe Abläufe verständlich dargestellt mit Process Mining
Stellen Sie sich vor, dass Ihr Data Science Team dabei helfen soll, die Ursache für eine wachsende Anzahl von Beschwerden im Kundenservice-Prozess zu finden. Sie vertiefen sich in die Daten des Service-Portals und generieren eine Reihe von Charts und Statistiken zur Verteilung der Beschwerden auf die verschiedenen Fachbereiche und Produktgruppen. Aber um das Problem zu lösen, müssen die Schwachstellen im Prozess selbst offengelegt und mit dem Fachbereich kommuniziert werden.
Nach Einbeziehen der CRM-Daten sind Sie mit Process Mining schnell in der Lage etliche unerwünschte Schleifen und Verzögerungen im Prozess zu identifizieren. Und diese Abweichungen werden sogar vollautomatisch als graphische Prozesskarte abgebildet! Der Fachbereichsleiter sieht auf den ersten Blick, wo das Problem liegt, und kann umgehend Verbesserungsmassnahmen einleiten.
Genau hier sehen wir eine zunehmende Begeisterung für Process Mining über alle Branchen hinweg: Der Datenanalyst kann nicht nur schnell Antworten liefern sondern auch die Sprache des Prozessmanagers sprechen und die entdeckten Prozessprobleme eindrücklich visuell machen.
Data Scientists bewegen sich geschickt durch eine ganze Reihe von Technologien. Sie wissen, dass 80% der Arbeit in der Aufbereitung und dem Säubern der Daten besteht. Sie können mit SQL, NoSQL, ETL-Tools, Statistik, Skriptsprachen wie Python, Data-Mining-Werkzeugen und R umgehen. Aber für viele von ihnen ist Process Mining noch nicht Teil der Data-Science-Tool-Box.
Was ist Process Mining?
Process Mining ist eine noch relativ junge Technologie, die vor ca. 15 Jahren an der Technischen Universität Eindhoven in der Forschungsgruppe von Prof. Wil van der Aalst entstanden ist. Dem Namen nach scheint es mit dem deutlich älteren ‘Data Mining’ verwandt zu sein. Historisch gesehen kommt Process Mining aber aus dem Geschäftsprozessmanagement-Bereich, und die gängigen Data-Mining-Tools enthalten keine Process-Mining-Technologie.
Was also ist Process Mining genau?
Mit Process Mining können vollständige Prozesse auf Basis von digitalen Spuren in den Informationssystemen abgebildet und analysiert werden. Ein Prozess ist eine Abfolge von Schritten. Deshalb müssen, um Process Mining einzusetzen, minimal die folgenden 3 Anforderungen an die Daten erfüllt sein:
- Case ID: Eine Vorgangsnummer muss die Prozessinstanz, also eine konkrete Ausführung des Prozesses, identifizieren (z.B. eine Kundennummer, Bestellnummer oder Patienten-ID)
- Activity: Für jeden Vorgang müssen die wichtigsten Arbeitsschritte, oder Status-Änderungen, im Prozess protokolliert sein. Diese finden sich meist in den Geschäftsdaten einer Datenbank im IT-System (z.B. das Datum eines Angebots an den Kunden im Verkaufsprozess).
- Timestamp: Für jeden Prozessschritt braucht man einen Zeitstempel, um die Prozessfolge pro Vorgang in die richtige Reihenfolge zu bringen
Wenn Sie diese 3 Elemente in Ihrem IT-System finden können, kann Process Mining Ihnen daraus im Handumdrehen eine wahrheitsgetreue Darstellung des Prozesses liefern. Die Prozessvisualisierung wird also direkt aus den historischen Rohdaten generiert.
Was man mit Process Mining machen kann
Process Mining ist kein Reporting-Tool, sondern ein Analyse-Werkzeug, mit dem Sie blitzschnell beliebige und sehr komplexe Prozesse unter die Lupe nehmen können. Z.B. sogenannte Click-Streams von Webseiten, die zeigen auf welchen Wegen Besucher eine Webseite navigieren (und wo sie durch schlechte Benutzbarkeit der Seite “herumirren” oder “herausfallen”). Oder das neue Workflow-System in Ihrem Unternehmen, das gerade erst eingerichtet wurde und von dem der Fachbereich jetzt wissen will, wie viele Vorgänge dem neu entworfenen, verschlankten Prozesspfad wirklich folgen.
Sie können in verschiedenen Sichten auf den Prozess sowohl den Aktivitätsfluss als auch den Transfer zwischen Abteilungen darstellen, Bottlenecks identifizieren und unerwünschte Pfade oder Langläufer im Prozess genauer untersuchen. Diese Prozesssichten können Sie dann zur Kommunikation mit dem Fachbereich auch animieren: Die tatsächlichen Vorgänge werden hierbei auf Basis der Zeitstempel wahrheitsgetreu “nachgespielt” und machen greifbar, wo die Probleme im Prozess liegen.
Warum sich Data Scientists mit Process Mining vertraut machen sollten
Data-Science-Teams auf der ganzen Welt beginnen sich mit dem Thema Process Mining zu beschäftigen, denn:
- Process Mining füllt eine Lücke, die bestehende Data-Mining-, Statistik- und Visualisierungs-Tools nicht abdecken. Beispielsweise können Data-Mining-Techniken Entscheidungsbäume, Vorhersagen oder Frequent Patterns extrahieren, aber keine vollständigen Prozesse abbilden.
- Data-Scientists sind mit ihren Fähigkeiten, Daten zu extrahieren, zu verknüpfen und aufzubereiten ideal ausgestattet, um das wirkliche Potenzial von Process Mining zu heben. Beispielsweise müssen in einer “Customer Journey”-Analyse die Daten verschiedener IT-Systeme wie die CRM-Daten von Anrufen im Callcenter einer Bank und die Interaktionen mit dem Kundenberater in der Filiale verknüpft werden.
- Analyseergebnisse müssen mit dem Fachbereich kommuniziert werden. Data-Science-Teams machen Analysen nicht für sich selbst, sondern um Probleme und Fragen von Fachanwendern zu lösen. Wenn sich diese Fragen um Prozesse drehen, dann sind Charts und Statistiken allein nur bedingt aussagekräftig und oft zu abstrakt. Mit Process Mining können Sie dem Business eine visuelle Darstellung liefern und sogar in interaktiven Analyse-Workshops deren Fachwissen direkt mitnehmen. So können in kürzester Zeit Lösungen gefunden und schnell umgesetzt werden.
Nächste Schritte
Sind Sie neugierig geworden und wollen mehr wissen? Wir empfehlen die folgenden Links:
- 20-min Video-Aufnahme, Process Mining Vortrag auf der BPMCon (mit Einleitung und Live-Demo): https://vimeo.com/81792294
- Artikel in der Big Data Ausgabe des Business Technology Magazins: http://fluxicon.com/s/pmartikel
2 Kostenlose Online-Kurse (sogenannte MOOCs) bieten auf Englisch einen Einstieg in das Thema Process Mining:
- Der Process Mining: Data Science in Action MOOC auf Coursera wird von Prof. Wil van der Aalst selbst gegeben und vermittelt ein umfassendes Bild der Grundlagen und Hintergründe der Process-Mining-Algorithmen, Start am 7. Oktober: https://www.coursera.org/course/procmin
- Der Fundamentals of BPM MOOC der Queensland University of Technology hat generell einen Geschäftsprozessmanagement-Fokus, aber beinhaltet auch ein praktisches Segment zu Process Mining, Start am 15. Oktober: https://moocs.qut.edu.au/learn/fundamentals-of-bpm-october-2015
Um wirklich ein gutes Bild davon zu bekommen, was Process Mining leisten kann (und was nicht), empfiehlt es sich selbst Hand anzulegen. Hier sind zwei einfach zugängliche Möglichkeiten, um loszulegen:
- Die akademische Process-Mining-Plattform ‘ProM’ ist Open Source und enthält Hunderte von Plug-ins mit den neuesten Process Mining Algorithmen: http://promtools.org
- Für den einfachen Einstieg und für professionelle Power-User können Sie kostenlos die Demo-Version unserer Process Mining Software ‘Disco’ von der folgenden Webseite herunterladen: http://fluxicon.com/disco/
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